Ein kleines Mädchen, lachend und in Bewegung.
© Lebenshilfe / David Maurer
Kinder und Jugendliche

Die Reform der Kinder- und Jugendhilfe

Auf dieser Seite informieren wir über die Reform der Kinder- und Jugendhilfe, das dafür wichtige Kinder- und Jugendstärkungsgesetz und die damit einhergehenden Neuerungen.

Auf dem Symbolbild sind viele Hände zu sehen, die aufeinandergelegt wurden.
© CC0-Lizenz

Mit dem Inkrafttreten des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) am 10. Juni 2021 wurden wichtige Regelungen für eine inklusive Kinder- und Jugendhilfe eingeführt. Seit dem 1. Januar 2024 steht Eltern von Kindern mit Behinderung eine Verfahrenslots*in zur Seite, um sie beim Beantragen von Leistungen zu unterstützen. Zudem stellte das KJSG die Weichen für die Gesamtzuständigkeit der Kinder- und Jugendhilfe für alle Kinder – ob mit oder ohne Behinderungen – ab 2028.

Noch in dieser Legislaturperiode soll ein Gesetz verabschiedet werden, mit dem die Schnittstellen zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe bereinigt werden sollen. Denn bisher sind die Zuständigkeiten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen geteilt: 

  • Die Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit sogenannter geistiger oder körperlicher Behinderung liegen in der Verantwortung der Eingliederungshilfe nach dem SGB IX
  • Die Leistungen der Eingliederungshilfe für junge Menschen mit sogenannter seelischer Behinderung liegen in der Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe nach dem SGB VIII

Mit der Zusammenführung der Leistungen für Kinder und Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung im SGB VIII werden Barrieren abgebaut. Sie haben bisher jungen Menschen mit Beeinträchtigung den gleichberechtigten Zugang zu den Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe erschwert.

Gemeinsam zum Ziel: Inklusive Kinder- und Jugendhilfe

Referentenentwurf zur Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe

Nach einem intensiven Beteiligungsprozess liegt der Referentenentwurf zur Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe vor. Die Lebenshilfe begrüßt, dass die Kinder- und Jugendhilfe künftig für die Eingliederungshilfe aller Kinder und Jugendlichen mit Behinderungen zuständig ist und die Heranziehungsfreiheit für ambulante Leistungen vorgesehen ist.

Damit die Reform erfolgreich wird, sind jedoch noch wichtige Schritte nötig. Die Lebenshilfe betont zwei zentrale Forderungen: ein klarer gesetzlicher Anspruch auf Leistungsvereinbarungen für ambulante Hilfen und eine einheitliche Zuständigkeit der Sozialgerichte.

Weitere Forderungen der Bundesvereinigung Lebenshilfe sowie die Stellungnahme der Fachverbände für Menschen mit Behinderung können Sie hier nachlesen.

Beteiligungsprozess des Bundesministeriums

Unter dem Motto "Gemeinsam zum Ziel: Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe!" fand von Juni 2022 bis Dezember 2023 der Beteiligungsprozess des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur inklusiven Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe statt. 

Der Prozess gliederte sich in drei Bausteine:

  • Beteiligung der Fachöffentlichkeit
  • Beteiligung der Expert*innen in eigener Sache
  • Wissenschaftliche Begleitung

Beteiligung der Fachöffentlichkeit

Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII
© Lebenshilfe/David Maurer

Das Bundesfamilienministerium beteiligte eine breite Fachöffentlichkeit, um ihre Expertise für eine Inklusive Kinder- und Jugendhilfe einzubringen. In fünf Sitzungen beriet eine Arbeitsgruppe mit 88 Vertreter*innen aus der

  • Kinder- und Jugendhilfe, 
  • Behinderten- und Gesundheitshilfe
  • sowie aus Bund, Ländern und Kommunen

verschiedene Themen eines inklusiven SGB VIII. Sie besprach auch, welche Regelungen in einem inklusiven Kinder- und Jugendhilferecht eine zentrale Rolle spielen. Hierzu gehörten unter anderem

  • ein einheitlicher Leistungstatbestand,
  • Art und Umfang der Leistungen,
  • das Persönliche Budget für die Kinder- und Jugendhilfe,
  • die Frühförderung sowie 
  • die Bedarfsermittlung bzw. Hilfeplanung. 

Außerdem erhielt die Arbeitsgruppe regelmäßig Berichte. Sie stammten aus der Wissenschaft, von Expert*innen in eigener Sache sowie aus Online-Kommentaren als Feedback zu den Arbeitspapieren.

Zur Koordination des Prozesses richtete das BMFSFJ eine Geschäftsstelle bei der Stiftung Sozialpädagogisches Institut Berlin (SPI) ein. Auf der dazugehörigen Webseite sind die Inhalte des Beteiligungsprozesses einsehbar.

Beteiligung der Expert*innen in eigener Sache

Nicht über uns, ohne uns: Es wurden auch Expert*innen in eigener Sache beteiligt – Jugendliche mit und ohne Beeinträchtigung sowie Eltern. Informationen zu den Ergebnissen des Selbstvertretungsrats finden Sie auf der Seite zum Prozess unter “Expertinnen und Experten in eigener Sache”.

Wissenschaftliche Begleitung des Prozesses

Die bevorstehende Verwaltungsumstellung der Kinder- und Jugendhilfe wurde zudem wissenschaftlich begleitet. Unter Leitung des Deutsches Forschungsinstituts für öffentliche Verwaltung Speyer wurden und werden in fünf Modellkommunen neue Zuständigkeitsstrukturen erprobt. Die Folgen der Umstellung sollen ermittelt, Verfahrenswege erforscht und Hindernisse identifiziert werden. Darüber hinaus wurde eine prospektive Gesetzesfolgenabschätzung durchgeführt. Erste Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung finden Sie im folgenden Bericht.

Verfahrenslotsen unterstützen Familien von Kindern mit Beeinträchtigung

Seit 1. Januar 2024 unterstützen Verfahrenslots*innen im Jugendamt Eltern von Kindern mit Beeinträchtigung bei der Verwirklichung, Verfolgung und Wahrnehmung von Eingliederungshilfeleistungen. Für die Einführung von Verfahrenslots*innen wurden zwei Formate im Rahmen des Prozesses entwickelt:

Abschlussbericht und Ergebnisse

Die Zusammenfassung der Diskussionen und Ergebnisse aus den drei Bereichen:

können Sie jetzt lesen. Hier finden Sie die entsprechenden Dokumente:

  1. Abschlussbericht: Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die Inklusive Kinder- und Jugendhilfe
  2. Teil 2: Ergebnis der Untersuchung nach § 108 Absatz 2 SGB VIII

Der Abschlussbericht des Beteiligungsprozesses gibt Ihnen einen umfassenden Einblick. Er macht die Erkenntnisse sichtbar, die über den Prozess gewonnen werden konnten.

Weiterführende Links zum Beteiligungsprozess

Das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Pflege Kinder
© Lebenshilfe/David Maurer

Mit der Verabschiedung des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes am 7. Mai 2021 im Bundesrat hat das Gesetz seine letzte Hürde genommen. Damit ist der Weg frei für mehr Chancengerechtigkeit von jungen Menschen mit Behinderung. Das neue Kinder- und Jugendstärkungsgesetz schafft die Voraussetzung für mehr Teilhabe von jungen Menschen mit Beeinträchtigung und deren Familien an den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe. Am 1. Juni 2021 ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz in weiten Teilen in Kraft getreten. Viele Forderungen der Bundesvereinigung Lebenshilfe wurden im Gesetz berücksichtigt.

Was ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz und wann tritt was in Kraft?

Die wesentlichen Neuerungen durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz

Kinder- und Jugendhilfe SGB VIII
© Lebenshilfe/David Maurer

In einigen Regelungsbereichen der Kinder- und Jugendhilfe sollen die Belange von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung stärker berücksichtigt werden. Die Kinder- und Jugendarbeit soll künftig die Zugänglichkeit und Nutzbarkeit ihrer Angebote für junge Menschen mit Beeinträchtigung sicherstellen. Für die insofern erfahrene Fachkraft im Kinderschutz gilt zukünftig, dass sie über Kenntnisse zu den spezifischen Schutzbedürfnissen von jungen Menschen mit Behinderung verfügen muss. Denn die Schutzbedürfnisse von jungen Menschen mit sogenannter Behinderung sollen im Kinderschutz stärker in den Blick genommen werden. 

Nicht ohne uns, über uns – Selbstvertretung steht nun auch im Kinder- und Jugendhilferecht. Selbstorganisierte Zusammenschlüsse, wie zum Beispiel Elternorganisationen, bekommen die Möglichkeit, sich an den Entscheidungsprozessen der Kinder- und Jugendhilfe zu beteiligen. Auch verschiedenen Formen der Selbsthilfe werden darunter gefasst. Damit auch junge Menschen mit Beeinträchtigung sich an den Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe beteiligen können, soll sowohl die Beteiligung als auch die Beratung in einer für sie verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

Weiterhin legt das Gesetz fest, dass Kinder mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam in Kindertageseinrichtungen gefördert werden sollen.

Weitere Informationen zur Reform der Kinder- und Jugendhilfe

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