Ausbildung für Menschen mit Behinderung
Die Frage nach dem beruflichen Weg ist für viele junge Menschen ein wichtiges Thema. Wo möchte ich später arbeiten? Welche Möglichkeiten gibt es? Und welches Angebot der beruflichen Bildung passt am besten zu meiner Lebenssituation? Wir geben eine bundesweite Übersicht für Menschen mit Behinderung.
Berufliche Bildung für Jugendliche mit Behinderung
In unserer Übersicht stellen wir Möglichkeiten für junge Menschen mit Behinderung nach Vollendung ihrer Pflichtschulzeit dar.
- Eltern,
- Angehörige,
- Schüler*innen mit Behinderung sowie
- Fachkräfte
können sich mit Hilfe dieser Informationen einen ersten Überblick zu verschiedenen Angeboten innerhalb der beruflichen Bildung verschaffen und sich weiterführend gezielt vor Ort informieren.
Infografik: Bundesweite Möglichkeiten der beruflichen Ausbildung
Bundesweite Möglichkeiten der beruflichen Bildung für Jugendliche mit Behinderung werden in der folgenden Übersicht zusammengefasst: Wege der beruflichen Bildung im Regelsystem werden gleichberechtigt neben verschiedenen Reha-Maßnahmen dargestellt:
Die Grafik zeigt, wo Übergänge zwischen dem Rehabilitationssystem und dem Regelsystem möglich sein können. Bitte beachten Sie, dass diese Übersicht keine regionalen Angebote beinhaltet, die es in einzelnen Regionen und Bundesländern geben kann. Nutzen Sie zusätzlich Beratungsangebote vor Ort.
Erläuterungen zur Infografik zur beruflichen Bildung
Bereits in der Schulzeit sollte eine berufliche Orientierung stattfinden. Hierbei kann die Agentur für Arbeit innerhalb der Reha-Berufsorientierung unterstützend tätig sein. Es sollte bereits ein Einblick in verschiedene Berufsbilder vermittelt werden, zum Beispiel durch Praktika in verschiedenen Bereichen.
Dieses bundesweite Angebot unterstützt und berät Menschen mit Behinderung sowie deren Angehörige unabhängig und unentgeltlich zu Fragen der Rehabilitation und Teilhabe.
Die Beratung ist kostenfrei und kann ergänzend zu anderen Angeboten in Anspruch genommen werden. Das Spektrum umfasst u.a. die berufliche Bildung sowie die Teilhabe am Arbeitsleben. Informieren Sie sich über die EUTB® in Ihrer Nähe.
Die Reha-Beratung der Agentur für Arbeit kooperiert mit Schulen, berät diese bei der Erstellung des schuleigenen Konzepts zur Berufsorientierung und führt individuelle Beratung für Jugendliche mit Behinderung durch.
Bei der Agentur für Arbeit ist die Reha-Beratung zuständig für die berufliche Orientierung, Beratung, Vermittlung, Vorbereitung und Förderung von Schüler*innen und Schulabsolvent*innen mit Behinderung. Auch Lehrkräfte, Eltern und Angehörige können sich dort beraten lassen.
Das Ziel liegt darin, herauszufinden, welche Maßnahme für die jeweilige Person geeignet ist (z. B. Unterstützte Beschäftigung, Berufsausbildung, Leistungen im Eingangsverfahren und Berufsbildungsbereich von Werkstätten für behinderte Menschen). Informieren Sie sich bei Ihrer Agentur für Arbeit.
Dieses Angebot der Agentur für Arbeit besteht für Jugendliche unter 25 Jahren, welche die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und noch nicht bereit für eine Berufsausbildung sind.
Die Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB) zählt zu den ausbildungsfördernden Leistungen. Sie soll junge Menschen in ihrer Berufswahl, bei der Aufnahme einer Erstausbildung oder bei der beruflichen Wiedereingliederung unterstützen. Eine BvB kann beispielsweise durch Fachdienste, Berufsbildungswerke, integrierte Berufsschulen usw. erfolgen. Je nach Maßnahme liegt die Dauer der BvB in der Regel zwischen 10 und 18 Monaten.
Ziel der Unterstützten Beschäftigung (UB) nach § 55 SGB IX ist ein möglichst dauerhaftes sozialversicherungspflichtiges, betriebliches Arbeitsverhältnis, das den Interessen und Fähigkeiten der jeweiligen Person entspricht. Die UB ist für Menschen mit Behinderung geeignet, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten möchten. Die UB besteht in der Regel aus zwei Bausteinen:
- Der erste Baustein ist die Individuelle betriebliche Qualifizierung (InbeQ), welche in der Regel bis zu 24 Monaten dauert und bei Bedarf verlängert werden kann.
- Wenn im Anschluss ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis erreicht wird, sind als zweiter Baustein nachfolgend weitere Unterstützungsmaßnahmen wie das Job-Coaching möglich.
Eine Ausbildung kann in einem Betrieb, einer Berufsschule, in einem Berufsbildungswerk oder bei einem anerkannten Bildungsträger absolviert werden. Eine Regelausbildung ist manchmal aufgrund einer Behinderung nicht möglich. Eine Ausbildung besteht i.d.R. aus theoretischen und praktischen Inhalten. Ausbildungen werden in staatlich anerkannten Berufen angeboten. Zudem gibt es die Möglichkeit, eine sogenannte Ausbildung zum*zur Fachpraktiker*in (§ 66 BBiG/§ 42r HwO) zu absolvieren. Diese Ausbildung enthält weniger theoretische Anteile und es gelten unterstützende Ausbildungsregelungen.
Anspruchsberechtigte Personen von Leistungen im Eingangsverfahren (EV) und Berufsbildungsbereich (BBB) von Werkstätten für behinderte Menschen können entweder das Budget für Ausbildung, Leistungen in EV und BBB bei einem anderen Leistungsanbieter oder Leistungen in EV und BBB in einer Werkstatt für behinderte Menschen in Anspruch nehmen. Bedingung ist, dass die jeweilige Person wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht, noch nicht oder noch nicht wieder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein kann.
Für Menschen mit Behinderung, die Anspruch auf Leistungen in einer Werkstatt haben, besteht die Möglichkeit, als Alternative zu allen Bereichen der Werkstatt ein Budget für Ausbildung zu erhalten. Es soll Arbeitgeber*innen darin unterstützen, ein Ausbildungsverhältnis abzuschließen, obwohl der oder die Auszubildende voll erwerbsgemindert ist.
Voraussetzung für den Antrag der Leistung ist ein Ausbildungsangebot der Arbeitgeber*in. Bestandteile des Budgets für Ausbildung sind Geld für eine Assistenz am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule sowie die Erstattung der Ausbildungsvergütung.
Die berufliche Bildung erfolgt für anspruchsberechtigte Personen bei einem anderen Leistungsanbieter beziehungsweise bei einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM). Die leistungsberechtigte Person kann wählen, ob sie die berufliche Bildung bei einem anderen Leistungsanbieter oder in einer WfbM machen möchte. Beide bieten das Eingangsverfahren (EV) und den Berufsbildungsbereich (BBB) an. Zu Beginn findet eine erste Orientierung im EV statt, welches i.d.R. nach drei Monaten in den auf zwei Jahre angelegten BBB übergeht. Wichtig ist: Das Angebot umfasst zwar berufliche Qualifizierung, allerdings wird i.d.R. kein anerkannter Berufsabschluss erlangt.
Das Eingangsverfahren (EV) dauert bis zu drei Monate. Hier wird erprobt, ob die Werkstatt für behinderte Menschen beziehungsweise der andere Leistungsanbieter die geeignete Einrichtung ist. Nach dem EV schließt i.d.R. der Berufsbildungsbereich (BBB) automatisch an.
Der Berufsbildungsbereich (BBB) dauert i.d.R. zwei Jahre und umfasst ein breites Angebot an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben: Neben arbeitspraktischen Tätigkeiten werden auch theoretische Inhalte sowie Kulturtechniken vermittelt. Auch Praktika im Arbeitsbereich (AB) für Werkstätten für behinderte Menschen, bei anderen Anbietern, bei Inklusionsunternehmen oder anderen Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes sind möglich.
Ein anerkannter Berufsabschluss kann i.d.R. im BBB nicht erlangt werden. Zum Ende des BBB wird entschieden, ob eine anschließende Beschäftigung bei einer Werkstatt für behinderte Menschen beziehungsweise einem anderen Anbieter die geeignete Form der Teilhabe am Arbeitsleben ist. Möglich ist aber auch ein Wechsel auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser ist auch zu einem späteren Zeitpunkt noch eine Option.
Dieses Angebot richtet sich an Menschen, die ihre Pflichtschulzeit erfüllt haben und voraussichtlich ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit nicht erreichen – und somit keinen Zugang zu einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) haben. Je nach Bundesland gibt es verschiedene Bezeichnungen: Tagesförderstätte (TaFö) oder Förder- und Betreuungsbereich (FuB).
Diese Angebote sind häufig an WfbM angegliedert. Ausnahme: In Nordrhein-Westfalen gibt es keine Tagesförderstätte. Leistungsberechtigte nutzen hier das Angebot von Werkstätten behinderte Menschen. Hinweis: in FuB und TaFö findet i.d.R. keine systematische berufliche Bildung statt. Eine Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt wird nicht angestrebt.
Ein Studium an einer Hochschule oder Universität kommt für Personen in Frage, die sowohl eine entsprechende Eignung mitbringen als auch die spezifischen Zulassungsvoraussetzungen erfüllen können. Möglicherweise kommt ein Härtefallantrag in Betracht. Für ein Studium sind verschiedene Unterstützungsleistungen möglich, wie beispielsweise Nachteilsausgleiche bei Prüfungen oder technische Hilfen und Assistenz.
Der Arbeitsmarkt umfasst:
- Öffentliche Unternehmen (z. B. Behörden, Theater)
- Private Unternehmen (z. B. Supermarkt, Friseur)
- Inklusionsunternehmen (Wirschaftliche Unternehmen, bei denen 30 bis 50 Prozent der Belegschaft eine sogenannte Beeinträchtigung haben)
- Subventionierte Unternehmen (wie Werkstätten für behinderte Menschen oder andere Leisungsanbieter)
Die Beschäftigungsbedingungen unterscheiden sich voneinander.
Praktika können dazu beitragen, persönliche Interessen herauszufinden und Fähigkeiten zu erproben. Auch können wichtige Kontakte geknüpft werden. Hilfreich ist es, bereits in der Schulzeit verschiedene Betriebe kennenzulernen:
- Privatwirtschaftliche Unternehmen des allgemeinen Arbeitsmarktes,
- öffentliche Arbeitgeber,
- Inklusionsunternehmen,
- Werkstätten für behinderte Menschen,
- andere Leistungsanbieter und
- Tagesförderstätten.
Praktika können auch nach Vollendung der Schulzeit oder innerhalb einer berufsvorbereitenden Maßnahme absolviert werden. In manchen Ausbildungen und Studiengängen gehören Praktika zur Berufsausbildung dazu. Auch nach der beruflichen Bildung kann ein freiwilliges Praktikum sinnvoll sein, um einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden.
Mit freundlicher Unterstützung durch die Deutsche Rentenversicherung.
Weitere Informationen zum Thema Ausbildung für Menschen mit Behinderung
- Schule – und dann? Informationsbroschüre zur Ausbildung für Menschen mit Behinderung.
- Ausbildung für Menschen mit Behinderung | Leichte Sprache Hier informieren wir zum Thema Ausbildung in Leichter Sprache.
- Arbeitsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung Ein Übersichtsbeitrag der Bundesvereinigung Lebenshilfe mit vielen Informationen rund um das Thema Arbeitsmöglichkeiten.
- Weg-Weiser in Leichter Sprache: Bildung und Ausbildung Alle wichtigen Regeln zum Thema Bildung und Ausbildung in Leichter Sprache.
- Übersicht der Ausbildungsberufe für Menschen mit Behinderungen Ein Angebot von planet-beruf.de.
- Weg-Weiser in Leichter Sprache: Arbeit In diesem Heft finden Sie Informationen zu den Unterstützungen und Hilfen im Arbeits-Leben.
Kostenlose Informationen – von Expert*innen erstellt
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Newsletter – mit wertvollen Informationen
Die Bundesvereinigung Lebenshilfe verschickt regelmäßig einen Newsletter mit Informationen zu allen Lebensbereichen von Menschen mit Behinderung. Darin geht es um sozialpolitische Themen, Fachbeiträge, aktuelle Rechtsprechungen u. v. m.
Wir verschicken auch einen Newsletter in Leichter Sprache sowie einen Mitmachen-Newsletter, in dem wir über unsere Arbeit berichten und Momentaufnahmen von Familien zeigen. Alle Angebote sind selbstverständlich kostenlos.
Fachpublikationen aus dem eigenen Verlag
Der Lebenshilfe-Verlag ist der deutschsprachige Fachverlag für das Thema geistige Behinderung. In seinen Publikationsreihen bietet er rund 140 Bücher und sonstige Medien an.
Die Themen der Bücher aus dem Verlag der Lebenshilfe umfassen alle Lebensbereiche geistig beeinträchtigter Menschen und ihrer Familien. Sie reichen vom Bilderbuch über Handreichungen zur Pflegeversicherung oder schulischen Integration bis hin zur Intimität von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung.