Kuren – Auszeit vom Alltag
Kita, Schule, Arbeit – noch eben schnell kochen und nebenbei den Haushalt in Ordnung bringen – Familienalltag kann ganz schön stressig sein. Ganz besonders gilt das für Familien von Menschen mit Behinderung: Häufige Arztbesuche, unzählige Therapiestunden und zusätzlicher Betreuungs- oder Pflegeaufwand lassen aus Terminplanung eine hohe Kunst werden. Eine wichtige Auszeit bieten Kuren, also medizinische Vorsorge- oder Rehabilitationsmaßnahmen.
Kuren: Überblick über das Angebot
... sind Maßnahmen zur Vorsorge oder Rehabilitation speziell für Mütter oder Väter. Sie bieten Eltern die dringend benötigte Auszeit, wenn der Familienalltag zur Belastung wird und ihre Gesundheit gefährdet ist. Ganz wichtig: Im Mittelpunkt der Kur stehen die Mütter oder Väter selbst. Eins muss Eltern klar sein, es geht bei einer Kur um Erholung, nicht um Urlaub. Behandlungen, Therapien und Kurse stärken die Eltern und machen sie fit für den Familienalltag. Damit das klappt wird ein individueller Therapieplan erstellt, der sowohl die gesundheitlichen Bedürfnisse als auch die Lebenssituation der Mutter oder des Vaters berücksichtigt.
Und die Kinder? Kleine Kinder (in der Regel nicht älter als 12 Jahre) und Kinder mit Behinderung können ihre Eltern begleiten. Sie erhalten bei Bedarf notwendige Therapien und Behandlungen. Um die Betreuung kümmert sich qualifiziertes Fachpersonal. So haben die Mütter und Väter Zeit für sich und können sich ganz auf ihre Anwendungen konzentrieren.
Gut zu wissen: Sie können die Kureinrichtung auswählen, die am besten zu Ihnen passt, denn bei der Auswahl gilt das Wunsch- und Wahlrecht. Anrecht auf eine Kur für Mütter und Väter haben übrigens alle, die Erziehungsverantwortung übernehmen: also auch Pflegeeltern oder unter Umständen Großeltern.
Wenn die gesundheitlichen Probleme nicht im Zusammenhang mit ihrer Elternrolle stehen oder wenn die Reha-Maßnahme dem Erhalt der Erwerbsfähigkeit dient, ist eine Mutter/Vater-Kind-Kur nicht möglich. Eltern können jedoch ihr Kind auch zu einer „normalen“ stationären Reha-Maßnahme mitnehmen, sofern es pflegebedürftig ist. Die Aufnahme, Betreuung und Pflege erfolgt dann im Rahmen der Kurzzeitpflege in der Kureinrichtung. Diese Regelung gilt für alle pflegenden Angehörigen: Sie können also auch Ihre pflegebedürftige Mutter oder Ihren Bruder oder Ihre Partnerin zur Kur mitnehmen.
Bei der Kinderrehabilitation geht es ausschließlich um das Kind und seine gesundheitlichen Probleme. Kinder mit Behinderung können in der Regel von einem Elternteil zur Kur begleitet werden. Auch Geschwisterkinder können mitkommen, wenn die Betreuung anders nicht zu organisieren ist. Die Eltern kümmern sich außerhalb der Therapien um das Kind und werden selbst in der Regel nicht therapiert.
Gut zu wissen: Weder Jahressurlaub noch das Krankengeld bei Erkrankung des Kindes (Kinder-Krank-Tage) werden aufgebraucht, wenn Sie Ihr Kind zur Kur begleiten.
Familienorientierte Rehabilitation (FOR)
Wenn Kinder sehr schwer erkranken – etwa an Krebs oder Mukoviszidose – hat das Auswirkungen auf alle Mitglieder der Familie. Um Familien in dieser Situation zu unterstützen, gibt es mit der FOR eine spezielle Form der Kinderrehabilitation. Hier nehmen – oft im Anschluss an die Erstdiagnose sowohl die Eltern als auch Geschwister an der stationären Maßnahme teil. Die ganze Familie wird in das Therapiekonzept mit einbezogen und lernt mit der Erkrankung umzugehen.
Familienferienstätten
… bieten Erholung für die ganze Familie. Kinderbetreuung, Freizeitaktivitäten und Bildungsangebote sind dabei inklusive. Das Angebot der mehr als 100 gemeinnützigen Familienferienstätten reicht dabei von Gesundheitsvorsorge über Erlebnis- und Umweltpädagogik bis hinzu Stärkung der Erziehungs- und Medienkompetenz. Für Familien mit behinderten oder pflegebedürftigen Angehörigen gibt es zudem spezielle Angebote. Die Preise sind familienfreundlich und steuerbefreit zudem besteht die Möglichkeit individuelle Zuschüsse zu beantragen. Mehr Infos gibt es bei der BAG Ferienerholung
Familienunterstützende Dienste
… oder auch Familienentlastende Dienste bzw. Offene Hilfen unterstützen mit ihren flexiblen und unkomplizierten Angeboten Familien und verschaffen den Eltern so kleine Auszeiten im Alltag. Zum Angebot gehören unter anderem stunden- oder tageweise Betreuung der Kinder mit Behinderung – auch nachts und in Notfällen, Freizeitangebote und Ferienfreizeiten, Beratung sowie Unterstützung in Behördendingen. Angebote vor Ort finden Sie auf unserer interaktiven Karte (wählen Sie auf der linken Seite einfach die Angebote "Freie Zeit" und "Ambulante Unterstützung" aus).
Rehabilitation für verwaiste Familien
Diese spezielle Form der Familienorientierten Rehabilitation (FOR) begleitet Familien in ihrer Trauer um ein verstorbenes Kind. Eltern und Geschwister erhalten Unterstützung, um Raum für ihre Trauer zu finden und Kraft für den Alltag zu schöpfen, ohne die Erinnerung an den Verstorbenen zu verlieren. Die Rehabilitation bietet eine ganzheitliche Betreuung und Therapie, die sowohl medizinische als auch psychosoziale Aspekte umfasst. Mehr Informationen gibt es bei der Nachsorgeklinik Tannheim.
Gut vorbereitet in die Kur
Eine gute Vorbereitung ist Gold wert. Je mehr Zeit Sie in eine sorgfältige Planung der Kur investieren, desto besser können sie sich während der Kur erholen. Deshalb sollten sie sich am Anfang die Zeit nehmen und einige grundsätzliche Fragen klären:
- Ist eine Kur das Richtige für mich oder brauche ich etwas anderes?
- Was erwarte ich von einer Kur? Und was erhoffe ich mir?
- Wer braucht die Kur eigentlich? Ich? Mein Kind? Beide?
Für alle Kurmaßnahmen gilt: Es wird ein ärztliches Attest benötigt, dass die medizinische Notwendigkeit bescheinigt. Je genauer und zielgerichteter diese Bescheinigung ist, desto besser. Formulare und Merkblätter mit Hinweisen für Ihre Ärztin oder Ihren Arzt erhalten sie in den Kurberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände. Und bevor eine stationäre Kur in Frage kommt, müssen in der Regel alle ambulanten Maßnahmen ausgeschöpft sein. Mutter-/Vater-Kind-Kuren sind von diesem Grundsatz ausgenommen.
Die Erfahrungen vieler Eltern zeigen: Je schwerer die Behinderung und je älter das Kind, desto schwieriger ist es, eine passende Kureinrichtung zu finden.
Ein häufiges Problem: Eltern wünschen sich mehr Entlastung bei Pflege und Betreuung, als viele Einrichtungen bieten können. Um Enttäuschungen zu vermeiden, ist es sinnvoll im Vorhinein zu klären, was Sie sich von der Kur erwarten. Was braucht Ihr Kind, um sich wohlzufühlen? Was sind Ihre Mindestanforderungen an eine gute Betreuung? Machen Sie sich eine Liste und klären Sie diese Punkte mit den Kureinrichtungen noch vor Antragstellung.
Bundesweit gibt es mehr als 100 Mutter-/Vater-Kind-Kureinrichtungen. Einen Überblick über die Ausstattung und die Leistungen der einzelnen Kliniken bieten das Müttergenesungswerk oder verschiedene Kurverzeichnisse und Datenbanken im Internet wie zum Beispiel die Seite Rehakliniken.de. Hier erhalten Sie erste Informationen zu therapeutischen Schwerpunkten, zur Größe der Klinik und zur Lage oder auch darüber, wie die Kinderbetreuung geregelt und ausgestattet ist.
Adressen von Kurhäusern, die Erfahrung mit Menschen mit Behinderung haben, finden Sie in der Adressdatenbank auf Familienratgeber.de.
Tipps von Eltern für Eltern
Ratschläge für eine gelungene Kur
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"Unbedingt beraten lassen! Das Müttergenesungswerk zum Beispiel bietet bundesweit Kurberatung über die Wohlfahrtsverbände an. Die helfen einem bei allen Fragen rund um die Kur: Bei der Antragsstellung und falls der Kurantrag abgelehnt wird auch im Widerspruch."
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"Ich habe die besten Erfahrungen mit kleinen Kurkliniken gemacht. Die Atmosphäre ist familiärer und Kinder, die nicht so gut mit Trubel und Hektik umgehen können, kommen hier besser zurecht."
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"Kinderbetreuung, Unterricht, Therapien, Unterkunft: Rufen Sie die Kureinrichtung an, um herauszufinden, ob sie den Bedürfnissen Ihres Kindes wirklich gerecht werden kann!"
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"Was mag Ihr Kind und was mag es nicht? Was macht ihm Spaß und wovor hat es Angst? Schreiben Sie in einen Steckbrief alles was Betreuer über Ihr Kind wissen sollten. Das hilft die Eingewöhnung zu verkürzen."
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"Nehmen Sie die aktuellen Berichte von Ärzten und Therapeuten Ihres Kindes mit."
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"Wenn Ihr Kind auf spezielle ärztliche Versorgung angewiesen ist, informieren Sie sich bei der Kureinrichtung, ob diese vor Ort gesichert ist, oder ob es Fachärzte oder Spezialkliniken in der Nähe gibt.“
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"Lassen Sie sich nicht entmutigen, nur weil der Kurantrag erst einmal abgelehnt wird. Das war bei meinen zwei Kuren auch so. Im Widerspruchsverfahren gingen die Anträge doch noch durch."
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"Die beste Anreise hat man, wenn man das Gepäck mit einem Paketdienst vorausschickt. Man kann sich in Ruhe um die Kinder kümmern und das Gepäck erwartet einen schon am Kurort."
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"Mein Tipp: Machen Sie eine Schwerpunktkur für Eltern behinderter Kinder. Mir hat das sehr geholfen. Diese Spezialkuren gibt‘s auch für andere Schwerpunkte."
Weitere Informationen zum Thema Reha, Kur und Co.
- Auszeit vom Alltag Informative Broschüre der Lebenshilfe zum Herunterladen.
- Beratungsstellenverzeichnis und Infos zu Kureinrichtungen auf www.rehacafe.de
- Beratungsstellenverzeichnis des Müttergenesungswerkes
- Website der Bundesarbeitsgemeinschaft Familienerholung
- Mutter/Vater-Kind-Kureinrichtungen für Eltern behinderter Kinder Übersichtsliste mit Informationen und Kontaktdaten zu Kureinrichtungen (Stand April 2024)