Projektablauf
Was ist jungen Menschen mit Behinderung wichtig? Können sie die bestehenden Angebote der Kinder- und Jugendarbeit überhaupt nutzen? Antworten soll das neue Projekt „Mit den Augen von Jugendlichen – was braucht inklusive Jugendarbeit?“ liefern. Hier erfahren Sie alles zum Ablauf des Projektes.
Das Konzept der Untersuchung
Das Projekt „Mit den Augen von Jugendlichen – was braucht inklusive Jugendarbeit?“ ist auf drei Jahre angelegt. Die Erhebung findet an drei Praxisstandorten statt: Heidelberg, Hamburg und Ostholstein. Am Ende soll ein Handlungsleitfaden entwickelt werden.
Das Projekt wird von der Bundesvereinigung Lebenshilfe inhaltlich verantwortet und gesteuert. Die Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg und die Pädagogische Hochschule Heidelberg übernehmen die wissenschaftliche Begleitung.
Überblick über den Projektzeitraum
Welche Methoden kommen zum Einsatz? Wann finden Konzeptworkshops statt? Und wie werden die Ergebnisse öffenltlich gemacht? Hier bekommen Sie einen ersten Überblick, was in den drei Jahren des Projektes genau geplant ist.
Im ersten Jahr wird die Ausgangslage der Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit für Jugendliche mit sogenannter geistiger Behinderung an den drei Praxisstandorten erhoben. In Heidelberg werden darüber hinaus Jugendliche mit hohem Unterstützungsbedarf in den Blick genommen. An allen Standorten werden Fachkräfte der Lebenshilfe sowie aus der Kinder- und Jugendarbeit leitfadengestützt befragt.
In Heidelberg werden anschließend die subjektiven Perspektiven der jungen Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf erhoben. Das sind die Methoden:
- ein umfassendes Assessment,
- Wochenzeitpläne,
- teilnehmende Beobachtungen in ausgewählten Situationen,
- leitfaden- und bildgestützte Interviews.
In Hamburg und Ostholstein werden Jugendliche mit sogenannter leichter bis mittelschwerer geistiger Behinderung nach ihren Interessen und Bedürfnissen in Bezug auf Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit befragt. Mit leitfadenunterstützten Interviews in Leichter Sprache soll die Perspektive der jungen Menschen mit geistiger Behinderung auf die Kinder- und Jugendarbeit erfasst werden. Ihre subjektive Sicht steht dabei im Mittelpunkt.
Im zweiten Jahr werden die Ergebnisse der Erhebung ausgewertet. Danach werden auf Grundlage der Perspektiven der Jugendlichen mit geistiger Behinderung Anforderungen an die Entwicklung inklusiver Angebote formuliert. Sie sind die Grundlage des Handlungsleitfadens im dritten Projektjahr.
Konzeptworkshops mit Fachkräften aus der Kinder- und Jugendarbeit sowie aus der Behindertenhilfe dienen der Praxisentwicklung. So können gemeinsam Konzeptideen für die Ausgestaltung inklusiver Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit beschrieben werden, die eine Teilhabe junger Menschen mit Beeinträchtigung ermöglichen.
Im dritten Jahr fließen die erarbeiteten Konzeptideen in einen Handlungsleitfaden. Er ist am Ende des Projektes auf der Homepage für die Fachwelt abrufbar.
Außerdem werden die Projektpartner*innen an bundesweiten Fachtagungen mitwirken. So können sie die gewonnenen Erkenntnisse darstellen und verbreiten. Außerdem werden verschiedene Kanäle, wie Social Media und Fachzeitschriften, genutzt, um eine breite Streuung der Ergebnisse in der Fachöffentlichkeit sicherzustellen.
So kann dieses Praxisforschungsprojekt dazu beitragen, dass sich junge Menschen mit sogenannter geistiger Behinderung in Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit nicht nur vertreten fühlen, sondern sie auch mitgestalten können.
Die Meilensteine des Projektes
Interviews und Online Fachdiskurse / Workshops in Hamburg und Ostholstein
Die Corona-Pandemie bringt für uns alle viele Herausforderungen und Veränderungen mit sich. So hatten die Kontaktbeschränkungen, die hohen Inzidenzzahlen, der Schutz von Risikogruppen und die verordneten Schutzmaßnahmen auch Auswirkungen auf den Start des Projektes im März 2020 sowie auf den weiteren Projektverlauf. Im Projekt konnten vorerst keine Interviews mit Jugendlichen mit Behinderungen durchgeführt werden.
Damit aber weiterhin die Ziele des Projektes verfolgt werden konnten, fanden bis November 2021 an den drei Standorten Hamburg, Ostholstein und Heidelberg Online-Fachdiskurse / Workshops statt. Diese hatten das Ziel, dass gemeinsam mit Fachkräften aus der Kinder- und Jugendarbeit sowie Behindertenhilfe Anforderungen und Ideen für Konzepte inklusiver Kinder- und Jugendarbeit entwickelt werden konnten. Im Vordergrund stand die Frage: Was braucht es für eine inklusive Kinder- und Jugendarbeit? Startschuss des neuen Meilensteins war im März 2021.
Im ersten Jahr wurden an den drei Standorten Heidelberg, Hamburg und Ostholstein Fachkräfte der Lebenshilfe sowie aus der Kinder- und Jugendarbeit leitfadengestützt befragt. Ziel der Befragung war es, die Ausgangslage inklusiver Jugendarbeit sowie die Angebotsvielfalt an den drei Standorten zu erfassen. Dafür wurden zwölf Expert*innen an allen Standorten interviewt. Die Ergebnisse der Befragungen liegen uns jetzt vor und wurden auf vielen Veranstaltungen bereits vorgestellt.
Die Ergebnisse der Expert*inneninterviews zeigen, dass junge Menschen mit Beeinträchtigung selten von den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit erreicht werden. Als eine große Barriere für die Nutzbarkeit und Zugänglichkeit der Angebote nennen die Expert*innen die bestehenden politisch-systemischen Rahmenbedingungen und die damit einhergehende schwierige Finanzierung.
Die Fachkräfte aus Heidelberg berichten beispielsweise, dass die Kooperation mit den Trägern der Kinder- und Jugendarbeit personal- und zeitintensiv sei. Auch die fehlende Finanzierung von Freizeitassistent*innen wurde als ein Hindernis inklusiver Kinder- und Jugendarbeit genannt. Weitere Ergebnisse aus der Befragung finden Sie auf folgender PowerPoint-Präsentation. In Kürze erscheint hier auch ein ausführlicher Text mit den Ergebnissen der drei Standorte.
Sowohl in Heidelberg, Hamburg als auch in Ostholstein fanden ab März 2021 Online-Fachdiskurs / Workshop mit Teilnehmenden aus der Kinder- und Jugendarbeit (Offene Kinder- und Jugendarbeit, kulturelle Kinder- und Jugendarbeit, Jugendverbandsarbeit), der Behindertenhilfe sowie den zuständigen Fachbehörden statt. In den Online-Fachdiskurs / Workshop wurden Ergebnisse aus Expert*inneninterviews präsentiert. Für eine Standortbestimmung wurden an den Standorten jeweils drei qualitative Interviews mit Fachkräften aus der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendarbeit geführt. Weitere Informationen finden sich in einem Artikel zu den Ergebnissen aus Hamburg / Ostholstein. Anschließend tauschten sich die Teilnehmenden in Kleingruppen über die aktuelle Situation in ihrem Arbeitsbereich mit Blick auf Inklusion aus. Sie benannten aktuelle Themen und gaben Impulse, wie das Projekt sie unterstützen könne. Gewünscht wurde, dass die Forschungsergebnisse breit bekannt gemacht werden, auch um Überzeugungsarbeit auf (fach-)politischer Ebene zu unterstützen. Weiterhin wichtig ist laut den Teilnehmenden Vernetzung und Kooperation zwischen der Behindertenhilfe und der Kinder- und Jugendarbeit.
Verunsicherungen im Wording
Zudem berichteten die Teilnehmenden, dass Verunsicherungen im Wording und in guter, bedarfsgerechter Ansprache von jungen Menschen mit Behinderungen bestehen. Auch sind Eltern einzubeziehen, um inklusive Angebote nicht nur bekannt zu machen, sondern um Vertrauen herzustellen. In vielen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit ist Elternarbeit nicht Teil des konzeptionellen Arbeitens, zumal dieses Arbeitsfeld bewusst „elternfreie Räume“ schafft.
Assistenzbedarf junger Menschen wurde unter verschiedenen Aspekten diskutiert. Diese Unterstützung erscheint vielen Fachkräften neben einem adäquaten Personalschlüssel als notwendig (bedarfsgerechte Betreuung, Entlastung, Sicherung der Mobilität der Jugendlichen). Allerdings ist aufgrund derzeitiger rechtlicher Rahmenbedingungen eine Assistenz für den Nachmittagsbereich nur mit finanzieller Mehrbelastung für die Eltern zu erhalten. Grund hierfür ist, dass für eine Assistenz für den Freizeitbereich das Vermögen und Einkommen der Eltern herangezogen wird. Die Fachkräfte sehen darin eine weitere Zugangshürde für die Teilnahme von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen an den Angeboten der Kinder- und Jugendarbeit.
Kreative Entwicklungsmethode
In Heidelberg wurde eine Kreativmethode aus dem Design Thinking angewandt, die hilfreich ist, um in Fokusgruppen neue Ideen, Möglichkeiten und Visionen zu sammeln und diese anschließend schrittweise in realistische, umsetzbare Konzepte umzuwandeln. Der erste Workshop von dreien befasste sich mit den Erfahrungen der Teilnehmenden in der Entwicklung inklusiver Angebote. In einem offenen Austausch konnten die Teilnehmer*innen Fragen zur Entwicklung, Herausforderung etc. inklusiver Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit stellen. Der Fokus des zweiten Workshops lag auf der ersten Phase des Design Thinking. Die kann als „Träumerphase“ bezeichnet werden. In dieser Phase sollen, frei von möglichen Grenzen oder fehlenden Ressourcen, Angebote erträumt werden, die inklusiv genutzt werden können. Die Rahmenbedingungen sind beliebig veränderbar, wodurch unbegrenzte Handlungsmöglichkeiten entstehen, sodass Herausforderungen, mögliche Probleme und Bedarfe kreativ aufgelöst werden können. Anhand eines kurzen Videos fand eine Einstimmung zum Träumen statt. In den beiden letzten Workshops entwickelten die Teilnehmenden Ideen zu Angeboten, die mit den realen Bedingungen in den Einrichtungen abgeglichen wurden. Die Angebote sollen dann so abgewandelt werden, dass konkrete, realistische Beispielangebote unter Berücksichtigung des Einbezugs und der Teilhabe von Jugendlichen mit hohem Unterstützungsbedarf entstehen. In einem iterativen Prozess sollen so realistische Beispielangebote entstehen.
Im Anschluss finden Sie eine ausführliche Dokumentation der Online-Fachdiskurse und Workshops.
- Online-Fachdiskurs/Workshop Ostholstein am 28.2.2022
- Online-Fachdiskurs/Workshop Hamburg am 24.2.2022
- Online-Fachdiskurs/Workshop Heidelberg am 7.7.2021
- Online-Fachdiskurs/Workshop Heidelberg am 28.6.2021
- Online-Fachdiskurs/Workshop Ostholstein 16.06.21
- Online-Fachdiskurs/Workshop Hamburg am 15.6.2021
- Online-Fachdiskurs/Workshop Heidelberg am 2.6.2021
- Online-Fachdiskurs/Workshop Ostholstein am 25.3.2021
- Online-Fachdiskurs/Workshop Hamburg am 23.3.2021
Veranstaltungen im Rahmen des Projekts
Abschlusstagung "Mit den Augen von Jugendlichen - Was braucht inklusive Jugendarbeit?"
Am 16. November 2023 von 11 bis 16 Uhr in Berlin. Die Veranstaltung ist kostenfrei.