Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
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Aufenthalt im Krankenhaus
Rechtstipp | Stand: 01.01.2024 #Lebenshilfe

Menschen mit Behinderung im Krankenhaus

Für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung stellt der Aufenthalt in einem Krankenhaus eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Wir klären zum Thema Menschen mit Behinderung im Krankenhaus auf und geben hilfreiche Tipps. Außerdem stellen wir eine Checkliste sowie eine Handreichung zur Verfügung, die sich mit den Fragen rund um die Umsetzung und Geltendmachung des neuen Anspruchs auf Begleitung im Krankenhaus beschäftigt. Sie wurde von den Fachverbänden für Menschen mit Behinderung erarbeitet und gibt den derzeitigen Diskussionsstand wieder.

Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
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Menschen mit Behinderung im Krankenhaus

Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung haben besondere Bedürfnisse. Diese sind allerdings nicht jedem bekannt. Die neue Umgebung und medizinische Eingriffe sind für sie häufig beängstigend und die Kommunikation ist schwierig. So können gerade bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf:

  • Versorgungsmängel auftreten,
  • Diagnosen nicht gestellt oder
  • Therapien unmöglich werden.

Wann werden die Kosten für eine Begleitung im Krankenhaus übernommen?

Selbst wenn Menschen mit Behinderung im normalen Alltag gut zurechtkommen, können sie im Krankenhaus überfordert sein und den Erwartungen an Mitwirkung, Selbständigkeit und Eigeninitiative nicht genügen. Verbunden mit dem in Krankenhäusern häufig existierenden Zeitdruck und Personalmangel kann dies die Diagnosestellung und Behandlung erschweren. Während des Krankenhausaufenthaltes können begleitende Vertrauenspersonen deshalb wertvolle Hilfestellung geben:

  • seien es Angehörige oder
  • vertraute Mitarbeiter*innen des betreuenden Dienstes bzw.
  • der besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe.

Vertraute Bezugspersonen können oft schon durch ihre bloße Anwesenheit beruhigend wirken und Ängste lindern und so die Kooperationsbereitschaft erhöhen. Außerdem können sie – vor allem bei kommunikativ schwer beeinträchtigten Menschen – Verhaltensweisen sachgemäß interpretieren und dem Krankenhauspersonal erläutern bzw. die Anliegen der betroffenen Person übermitteln.

Bislang wurde die Begleitungsleistung im Krankenhaus in der Regel nicht finanziert. Vielmehr wurden nur die Kosten für Unterkunft und Verpflegung einer Begleitperson (z. B. eines Elternteils oder einer Mitarbeiter*in der besonderen Wohnform) für die Dauer des Krankenhausaufenthalts übernommen, sofern die Mitaufnahme aus medizinischen Gründen notwendig war (§ 11 Abs. 3 SGB V), z. B. bei Kindern oder Menschen mit Behinderung. Die Notwendigkeit der Aufnahme bestätigte die Krankenhausärzt*in, ggf. auf Anregung der Hausärzt*in; dies gilt auch weiterhin.

  • Seit dem 1. November 2022 werden – neben den Kosten für die Unterkunft und Verpflegung der Begleitperson (s. o.) –  die Kosten der Begleitung selbst übernommen. Leisten nahe Angehörige oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld die Unterstützung im Krankenhaus, ist die Krankenkasse zuständig und gewährt gemäß § 44b SGB V Krankengeld zur Kompensation ihres Verdienstausfalls. Sind es vertraute Unterstützungspersonen eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, wird die Begleitung gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX vom Träger der Eingliederungshilfe finanziert.
  • Seit dem 1. Januar 2024 werden diese Ansprüche durch einen Spezialanspruch für Eltern in § 45 Abs. 1a SGB V ergänzt. Eltern bekommen Kinderkrankengeld, wenn sie während einer stationären Behandlung ihres Kindes (z. B. im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung) mitaufgenommen werden. Der Anspruch besteht für die gesamte Dauer der Mitaufnahme. Voraussetzung ist nur, dass das begleitete Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen und die Mitaufnahme des Elternteils medizinisch notwendig ist. Die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme wird gemäß § 11 Abs. 3 S. 2 SGB V unwiderleglich vermutet, wenn das Kind das neunte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Hinweis: Die im Folgenden dargestellten Voraussetzungen, die für die Ansprüche von anderen Angehörigen oder engen Bezugspersonen auf Krankengeld gemäß § 44b SGB V bzw. für die Begleitung durch Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX gelten, müssen für den Spezialanspruch von Eltern aus § 45 Abs. 1a SGB V nicht vorliegen.

Menschen mit Beeinträchtigung im Krankenhaus
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An wen muss ich mich wenden?

Welcher Träger für die Finanzierung der Begleitung zuständig ist, richtet sich danach, welche Person die Begleitung übernimmt. 

Werden Menschen mit Behinderung von ihren nahen Angehörigen oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld begleitet, ist die Gesetzliche Krankenversicherung die richtige Ansprechpartnerin (§ 44b SGB V). Die Begleitperson hat unter den oben genannten Voraussetzungen Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse. Zuständig ist immer die Krankenkasse der Begleitperson, nicht die Krankenkasse des begleiteten Menschen mit Behinderung.

Erfolgt die Begleitung durch vertraute Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, die bereits im Alltag Unterstützung leisten, so übernimmt der Träger der Eingliederungshilfe gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX die Kosten. Die begleitete Person selbst muss hier nichts bezahlen. Die zusätzlichen Kosten, die eine Begleitung für den Leistungserbringer der Eingliederungshilfe (z. B. die besondere Wohnform oder den Dienst) verursacht, werden vielmehr zwischen dem Leistungserbringer der Eingliederungshilfe und dem Träger der Eingliederungshilfe abgerechnet.

Wie wird der Begleitungsbedarf festgestellt?

Krankenhausbegleitung für Menschen mit Behinderungen durch eine Vertrauensperson: Ein Erklärvideo der DVfR mit Gebärdensprache und Untertiteln auf YouTube.
Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
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Worauf müssen Menschen mit Behinderung und ihre Vertreter*innen künftig achten?

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Welche Regelung gilt für Begleitpersonen, die keine Berufstätigkeit ausüben?

Sofern die Begleitperson keine Berufstätigkeit ausübt, aber den Haushalt aufgrund der Begleitung nicht weiterführen kann, besteht kein Anspruch auf Krankengeld. Es kann aber ein Anspruch auf die Gewährung einer Haushaltshilfe gegen die Krankenkasse in analoger Anwendung des § 38 SGB V gegeben sein. Das hat das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 23. November 1995 (Aktenzeichen: 1 RK 11/95) entschieden.

Welche Regelung gilt für Menschen, die ihre Pflege im Arbeitgebermodell organisieren?

Menschen, die ihre Pflege im Arbeitgebermodell organisieren, also selbst Arbeitgeber*in ihrer Pflegefachkraft sind, haben auch weiterhin gemäß § 11 Abs. 3 SGB V§ 34 Abs. 2 S. 2 SGB XI§ 63b Abs. 4 SGB XII einen Anspruch auf Vergütung der Pflegefachkraft während ihres Krankenhausaufenthaltes.

Werden die Kosten auch bei der Begleitung zu einer stationären Reha übernommen?

Für die Begleitung zu einer stationären Reha im Sinne des § 42 SGB IX ergibt sich der Anspruch der Begleitpersonen auf Verdienstausfall nicht aus § 44b SGB V, sondern aus § 73 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX. Nach dieser Vorschrift werden Reisekosten, die im Zusammenhang mit einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation stehen, übernommen. Die Reisekosten umfassen auch die Kosten für die Begleitung einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls, wenn die Begleitung wegen der Behinderung erforderlich ist.

Worauf sollten Leistungserbringer künftig achten?

  • Die neue Regelung in § 113 Abs. 6 SGB IX sollte bei anstehenden Verhandlungen zu Landesrahmenverträgen bzw. Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen einbezogen und es sollten entsprechende Leistungen/Vergütungen verhandelt werden.
  • Zudem können organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, um künftigen Personalausfall infolge der Begleitung im Krankenhaus beispielsweise durch den Einsatz von Springern kompensieren zu können.
  • Schließlich sollten bereits im Vorfeld organisatorische und haftungsrechtliche Fragen hinsichtlich des Einsatzes der Mitarbeiter*innen mit dem nächstgelegenen Krankenhaus, den Mitarbeiter*innen und der Haftpflichtversicherung geklärt werden.

Weiterführende Hinweise enthält eine Handreichung zur Umsetzung des Anspruchs auf Begleitung im Krankenhaus gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX, die von den Fachverbänden für Menschen mit Behinderung erarbeitet wurde.

Menschen mit Beeinträchtigung im Krankenhaus
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Was ist bei der Aufnahme von Menschen mit Behinderung in ein Krankenhaus zu beachten?

Was bereits vor der Aufnahme eines Menschen mit Behinderung im Krankenhaus besonders wichtig ist:

  • Es sollte eine gute Verständigung mit dem Krankenhauspersonal erfolgen.
  • Fähigkeiten und Unterstützungsbedarfe der Menschen mit Beeinträchtigung sollten mitgeteilt werden.

Leben Menschen mit Behinderung in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe oder werden sie von Diensten der Eingliederungshilfe betreut, dann gilt:

  • Mitarbeitende dieser Unterstützungssysteme sollten sich mit dem Krankenhauspersonal über Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche abstimmen.

Hinweis: Unterstützung bietet hierbei eine Liste von Gesichtspunkten für Abstimmung und Absprachen zur Verbesserung der Kooperation. Sie wurde vom Arbeitskreis Gesundheitspolitik der Fachverbände für Menschen mit Behinderung erarbeitet. Das Ziel: Beide Seiten sollen darin unterstützt werden, ihre jeweiligen Anliegen systematisch abzugleichen und in möglichst verbindlicher Form zu vereinbaren. Denn durch gezielte Absprachen können Irritationen und Missverständnisse über den Aufgabenbereich und die Leistungen des jeweils anderen vermieden und so die Versorgung der betroffenen Menschen verbessert werden.

Checkliste: Bessere Krankenhausversorgung von Menschen mit Behinderung

Welche Unterstützung für Menschen mit Behinderung gibt es bei der Entlassung aus dem Krankenhaus?

Am Ende einer Krankenhausbehandlung haben alle gesetzlich Versicherten einen Anspruch auf Unterstützung durch das sogenannte Entlassmanagement gemäß § 39 Abs. 1a SGB V. Dabei wird die weitere medizinische Versorgung nach einer stationären Behandlung vom Krankenhaus aus geregelt. Verordnet werden können beispielsweise:

  • Arznei- und Verbandmittel,
  • Heil- und Hilfsmittel,
  • häusliche Krankenpflege
  • oder die medizinisch notwendige Rückfahrt von der Klinik nach Hause.

Die Einzelheiten sind im Rahmenvertrag über ein Entlassmanagement beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung geregelt.

Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
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Was können Krankenhäuser für Menschen mit Behinderung verbessern?

Auch Krankenhäuser haben die Möglichkeit, einen Beitrag zur Verbesserung der stationären Versorgung von Menschen mit Behinderung zu leisten.

  • Zusatzentgelte: Sie können gemäß § 6 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) pauschale Zusatzentgelte mit den Kostenträgern verhandeln und damit die Finanzierung des ggf. erhöhten Aufwandes verbessern, der bei der medizinischen Versorgung dieses Personenkreises anfallen kann.
  • Pflegebudget: In Bezug auf Pflegeleistungen gibt es die Möglichkeit, gemäß § 6a KHEntgG ein individuelles Pflegebudget zu verhandeln, das die tatsächlichen Aufwendungen des Krankenhauses und damit auch die erhöhten Aufwendungen für Menschen mit Behinderung in diesem Bereich abdeckt.
    • Eine bessere Vergütung kann sich bei zweckentsprechender Verwendung auf die Qualität der Leistungserbringung auswirken.
  • Qualitätsverträge: Außerdem können Krankenhäuser sogenannte Qualitätsverträge gemäß § 110a SGB V zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus abschließen.
    • In diesen Verträgen können sie beispielsweise vorsehen, dass ein strukturiertes Aufnahme- und Entlassmanagement durchgeführt wird, das auf die behinderungsbedingten Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt ist und bei dem ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Außerdem können regelmäßige, fachliche Schulungen des Krankenhauspersonals in Bezug auf die Besonderheiten bei der Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung vorgesehen werden. Schließlich kann bestimmt werden, dass vor, während und nach dem stationären Aufenthalt ein*e Ansprechpartner*in seitens des Krankenhaues zur Verfügung steht.
    • Der bundesweit erste Qualitätsvertrag zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Behinderung wurde vom Ev. Krankenhaus Alsterdorf abgeschlossen.

Beispiele: Gute Unterstützung im Krankenhaus

Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist das Projekt "Klinik Inklusiv" der Fachhochschule der Diakonie mit dem Krankenhaus Mara und dem Ev. Krankenhaus Bielefeld. Im Rahmen des Projektes besuchten sogenannte klinische Pflegeexpert*innen des Krankenhauses Menschen mit Behinderung im Vorfeld eines Klinikaufenthaltes zu Hause, ermittelten ihre besonderen Bedarfe und versuchten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Auch während des Klinikaufenthaltes standen sie begleitend und unterstützend zur Seite.

Auch das Projekt "Inklusions-Lots*innen" im Ev. Krankenhaus Alsterdorf begleitet Menschen mit Behinderung. Die Inklusions-Lots*innen stehen für alle Beteiligten als feste Ansprechpartner*innen vor, während und nach dem Krankenhausaufenthalt zur Verfügung.

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