Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
Für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung stellt der Aufenthalt in einem Krankenhaus eine nicht zu unterschätzende Herausforderung dar. Wir klären zum Thema Menschen mit Behinderung im Krankenhaus auf und geben hilfreiche Tipps. Außerdem stellen wir eine Checkliste sowie eine Handreichung zur Verfügung, die sich mit den Fragen rund um die Umsetzung und Geltendmachung des neuen Anspruchs auf Begleitung im Krankenhaus beschäftigt. Sie wurde von den Fachverbänden für Menschen mit Behinderung erarbeitet und gibt den derzeitigen Diskussionsstand wieder.
Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung haben besondere Bedürfnisse. Diese sind allerdings nicht jedem bekannt. Die neue Umgebung und medizinische Eingriffe sind für sie häufig beängstigend und die Kommunikation ist schwierig. So können gerade bei Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf:
- Versorgungsmängel auftreten,
- Diagnosen nicht gestellt oder
- Therapien unmöglich werden.
Wann werden die Kosten für eine Begleitung im Krankenhaus übernommen?
Selbst wenn Menschen mit Behinderung im normalen Alltag gut zurechtkommen, können sie im Krankenhaus überfordert sein und den Erwartungen an Mitwirkung, Selbständigkeit und Eigeninitiative nicht genügen. Verbunden mit dem in Krankenhäusern häufig existierenden Zeitdruck und Personalmangel kann dies die Diagnosestellung und Behandlung erschweren. Während des Krankenhausaufenthaltes können begleitende Vertrauenspersonen deshalb wertvolle Hilfestellung geben:
- seien es Angehörige oder
- vertraute Mitarbeiter*innen des betreuenden Dienstes bzw.
- der besonderen Wohnform der Eingliederungshilfe.
Vertraute Bezugspersonen können oft schon durch ihre bloße Anwesenheit beruhigend wirken und Ängste lindern und so die Kooperationsbereitschaft erhöhen. Außerdem können sie – vor allem bei kommunikativ schwer beeinträchtigten Menschen – Verhaltensweisen sachgemäß interpretieren und dem Krankenhauspersonal erläutern bzw. die Anliegen der betroffenen Person übermitteln.
Bislang wurde die Begleitungsleistung im Krankenhaus in der Regel nicht finanziert. Vielmehr wurden nur die Kosten für Unterkunft und Verpflegung einer Begleitperson (z. B. eines Elternteils oder einer Mitarbeiter*in der besonderen Wohnform) für die Dauer des Krankenhausaufenthalts übernommen, sofern die Mitaufnahme aus medizinischen Gründen notwendig war (§ 11 Abs. 3 SGB V), z. B. bei Kindern oder Menschen mit Behinderung. Die Notwendigkeit der Aufnahme bestätigte die Krankenhausärzt*in, ggf. auf Anregung der Hausärzt*in; dies gilt auch weiterhin.
- Seit dem 1. November 2022 werden – neben den Kosten für die Unterkunft und Verpflegung der Begleitperson (s. o.) – die Kosten der Begleitung selbst übernommen. Leisten nahe Angehörige oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld die Unterstützung im Krankenhaus, ist die Krankenkasse zuständig und gewährt gemäß § 44b SGB V Krankengeld zur Kompensation ihres Verdienstausfalls. Sind es vertraute Unterstützungspersonen eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, wird die Begleitung gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX vom Träger der Eingliederungshilfe finanziert.
- Seit dem 1. Januar 2024 werden diese Ansprüche durch einen Spezialanspruch für Eltern in § 45 Abs. 1a SGB V ergänzt. Eltern bekommen Kinderkrankengeld, wenn sie während einer stationären Behandlung ihres Kindes (z. B. im Krankenhaus oder in einer stationären Rehabilitationseinrichtung) mitaufgenommen werden. Der Anspruch besteht für die gesamte Dauer der Mitaufnahme. Voraussetzung ist nur, dass das begleitete Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert und auf Hilfe angewiesen und die Mitaufnahme des Elternteils medizinisch notwendig ist. Die medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme wird gemäß § 11 Abs. 3 S. 2 SGB V unwiderleglich vermutet, wenn das Kind das neunte Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Hinweis: Die im Folgenden dargestellten Voraussetzungen, die für die Ansprüche von anderen Angehörigen oder engen Bezugspersonen auf Krankengeld gemäß § 44b SGB V bzw. für die Begleitung durch Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX gelten, müssen für den Spezialanspruch von Eltern aus § 45 Abs. 1a SGB V nicht vorliegen.
Die Begleitung durch vertraute Mitarbeitende von Leistungserbringern der Eingliederungshilfe wird finanziert, wenn
- die begleitete Person eine (drohende) Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX hat,
- Leistungen der Eingliederungshilfe bezieht und
- die Begleitung behinderungsbedingt zur Sicherstellung der Behandlung erforderlich ist. Das wird im Gesamtplan festgestellt.
Die Begleitung durch Angehörige oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld wird finanziert, wenn
- die begleitete Person eine (drohende) Behinderung im Sinne des § 2 Abs. 1 SGB IX hat,
- Leistungen der Eingliederungshilfe bezieht,
- der Begleitungsbedarf mit An- und Abreise mindestens acht Stunden umfasst,
- der Begleitperson durch die Begleitung ein Verdienstausfall entsteht,
- die Begleitung medizinisch notwendig im Sinne der Krankenhausbegleitungs-Richtlinie ist. Dies wird durch eine ärztliche Bescheinigung festgestellt. Die im Gesamtplan festgestellte Erforderlichkeit der Begleitung ist hier nicht maßgeblich.
- sowohl die Person mit Begleitungsbedarf als auch die Begleitperson gesetzlich krankenversichert ist. Ist die Begleitperson nicht gesetzlich versichert, steht ihr nur ein Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, nicht jedoch auf Krankengeld zur Kompensation ihres Verdienstausfalls zu.
An wen muss ich mich wenden?
Welcher Träger für die Finanzierung der Begleitung zuständig ist, richtet sich danach, welche Person die Begleitung übernimmt.
Werden Menschen mit Behinderung von ihren nahen Angehörigen oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld begleitet, ist die Gesetzliche Krankenversicherung die richtige Ansprechpartnerin (§ 44b SGB V). Die Begleitperson hat unter den oben genannten Voraussetzungen Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse. Zuständig ist immer die Krankenkasse der Begleitperson, nicht die Krankenkasse des begleiteten Menschen mit Behinderung.
Erfolgt die Begleitung durch vertraute Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe, die bereits im Alltag Unterstützung leisten, so übernimmt der Träger der Eingliederungshilfe gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX die Kosten. Die begleitete Person selbst muss hier nichts bezahlen. Die zusätzlichen Kosten, die eine Begleitung für den Leistungserbringer der Eingliederungshilfe (z. B. die besondere Wohnform oder den Dienst) verursacht, werden vielmehr zwischen dem Leistungserbringer der Eingliederungshilfe und dem Träger der Eingliederungshilfe abgerechnet.
Wie wird der Begleitungsbedarf festgestellt?
Ob eine Begleitung durch Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe erforderlich ist, soll bereits im Gesamtplan festgestellt werden (§ 121 Abs. 4 Nr. 7 SGB IX). Die Feststellung eines grundsätzlichen Bedarfes kann und sollte auch unabhängig von einem konkret bevorstehenden Krankenhausaufenthalt erfolgen.
Die Begleitung und Befähigung durch vertraute Bezugspersonen zur Sicherstellung der Durchführung der Krankenhausbehandlung kommt insbesondere in den folgenden Fallkonstellationen in Betracht:
- Zum Zweck der Verständigung bei: Menschen mit Behinderungen, die nicht in der Lage sind, ausreichend sprachlich zu kommunizieren wie Menschen mit Dysarthrie, Anarthrie und Aphasie sowie Menschen mit geistigen bzw. komplexen Behinderungen (weil sie z. B. die eigenen Krankheitssymptome nicht deuten oder für Außenstehende verstehbar mitteilen können) oder Menschen mit Autismus.
- Zum Zweck der Unterstützung im Umgang mit Belastungssituationen bei: Menschen mit geistiger Behinderung, die behinderungsbedingt nicht die für die Behandlung erforderliche Mitwirkung erbringen können bzw. ihre stark ausgeprägten Ängste und Zwänge oder ihr Verhalten behinderungsbedingt nicht kontrollieren können oder Menschen mit seelischen Behinderungen, die vor allem durch schwere Angst- oder Zwangsstörungen beeinträchtigt sind.
Kommt eine Begleitung durch Angehörige bzw. Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld in Betracht, muss die medizinische Notwendigkeit des Begleitungsbedarfes ärztlich bescheinigt werden. Die Bescheinigung kann auch unabhängig von einem konkreten Krankenhausaufenthalt für die Dauer von zwei Jahren ausgestellt werden. Sie ist bei einer Begleitung durch Angehörige oder Bezugspersonen erforderlich, da ein Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse nur besteht, wenn die Begleitung medizinisch notwendig ist. Die Feststellungen des Gesamtplans zur Erforderlichkeit einer Begleitung sind für die Krankenkasse nicht maßgeblich. Wann eine medizinische Notwendigkeit vorliegt, ist in der Anlage zur Krankenhausbegleitungs-Richtlinie geregelt. Sie kann beispielsweise angenommen werden:
- bei einer erheblichen oder kompletten Beeinträchtigung der Kommunikation, insbesondere im Bereich:
- Kommunizieren, Sprechen, nonverbale Mitteilungen, Konversation und Gebrauch von Kommunikationsgeräten und -techniken oder
- der kognitiv-sprachlichen Funktion
- mit mangelnder Fähigkeit, die eigene Symptomatik oder Befindlichkeiten, wie Schmerzen oder Wünsche, deuten, beschreiben oder verstehen zu können oder
- mit mangelnder Fähigkeit, die Informationen und Anweisungen des Behandlungsteams des Krankenhauses wahrnehmen, verstehen oder umsetzen zu können.
- Schädigungen globaler oder spezifischer mentaler Funktionen, die sich insbesondere in Form von:
- motorisch geprägten Verhaltensauffälligkeiten,
- eigen- und fremdgefährdendem Verhalten,
- Abwehr oder Verweigerung pflegerischer und anderer medizinischer Maßnahmen,
- Wahnvorstellungen, ausgeprägten Ängsten und Zwängen,
- Antriebslosigkeit somatischer oder psychischer Genese oder
- sozial inadäquaten Verhaltensweisen in erheblichem Ausmaß äußern.
- einer erforderlichen Einbeziehung der Begleitperson in das therapeutische Konzept während der Krankenhausbehandlung bzw. einer erforderlichen Einweisung der Begleitperson in Maßnahmen, die auch im Nachgang der stationären Krankenhausbehandlung weiterhin notwendig sind.
- Schädigungen und Beeinträchtigungen, die sich in vergleichbarem Umfang auf die Krankenhausbehandlung auswirken.
Worauf müssen Menschen mit Behinderung und ihre Vertreter*innen künftig achten?
Menschen mit Behinderung und ihre Vertreter*innen sollten möglichst bald die Aktualisierung des Gesamtplans anregen, um einen ggf. bestehenden Begleitungsbedarf aufzunehmen. Zuständig ist der Träger der Eingliederungshilfe. Welche Behörde das ist, bestimmen die Bundesländer. Zum Teil liegt die Zuständigkeit auf örtlicher Ebene (kreisfreie Städte und Landkreise), zum Teil auf überörtlicher Ebene (je nach Bundesland können dies das Land selbst, die Bezirke oder Landschafts- und Landeswohlfahrtsverbände sein). Lebenshilfen vor Ort können Auskunft darüber geben, wer für Leistungen der Eingliederungshilfe zuständig ist.
Hinweis: Was ist das Gesamtplanverfahren? In diesem Beitrag beantworten wir die Frage.
Bei der Aktualisierung des Gesamtplans sollten Menschen mit Behinderung und ihre Vertreter*innen Argumente für einen Begleitungsbedarf im Krankenhaus aktiv einbringen.
Eine Begleitung kann etwa bei Menschen mit geistiger Behinderung erforderlich sein, weil sie nicht in dem erforderlichen Maße kommunizieren können, also beispielsweise Krankheitssymptome oder Schmerzen nicht deuten bzw. verständlich artikulieren können. Auch wenn sie die für eine Behandlung erforderliche Mitwirkung nicht erbringen können, kommt ein Begleitungsbedarf in Betracht (s.o.).
Im Rahmen des Gesamtplanverfahrens kann es auch zu der Frage kommen, ob die Begleitung durch Angehörige übernommen werden kann. Bei dieser Frage sollten Menschen mit Behinderung und ihre Vertreter*innen sich die Vor- und Nachteile einer Begleitung durch Angehörige vergegenwärtigen. Die Entscheidung, wer die beste Begleitung ist, ist dabei ganz individuell. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass die Begleitung durch Angehörige oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld gegenüber der Begleitung durch Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe auch finanzielle Auswirkungen hat:
- Das Krankengeld beträgt nur 70 % des Verdienstausfalls.
- Das Krankengeld wird nur gezahlt, wenn sowohl die Begleitperson als auch die begleitete Person gesetzlich krankenversichert ist. Privat versicherte Angehörige von gesetzlich Versicherten haben nur einen Anspruch auf Freistellung gegen ihre Arbeitgeber*in, nicht aber auf Krankengeld.
- Das Krankengeld wird nicht gezahlt, wenn der Begleitungsbedarf weniger als acht Stunden inklusive An- und Abreise beträgt.
- Die Zahlung des Krankengeldes setzt eine ärztliche Bescheinigung der medizinischen Notwendigkeit der Begleitung voraus.
Diese Nachteile bestehen bei einer Begleitung durch Mitarbeitende von Leistungserbringern der Eingliederungshilfe nicht.
Wird eine Begleitung durch Mitarbeitende eines Leistungserbringers der Eingliederungshilfe gewünscht, sollten im Gesamtplanverfahren Argumente vorgetragen werden, die gegen eine Begleitung durch Angehörige sprechen. Die Begleitung durch Angehörige kann wegen der familiären Einstandspflichten sonst nämlich im Einzelfall vorrangig vor einer Begleitung durch Mitarbeitende von Leistungserbringern der Eingliederungshilfe sein.
Voraussetzung für einen Vorrang der Begleitung durch Angehörige im Einzelfall ist, dass die Begleitung sachgerecht erbracht werden kann und den Beteiligten zumutbar ist. Daran fehlt es beispielsweise, wenn:
- kein ausreichendes Vertrauensverhältnis besteht oder
- die Angehörigen noch Pflichten gegenüber anderen Familienmitgliedern haben oder
- die Begleitung aufgrund von eigener Erkrankung, Behinderung oder einem hohen Alter nicht übernehmen können.
- Auch berufliche Verpflichtungen können nach Auffassung der Bundesvereinigung Lebenshilfe angeführt werden. Diese können beispielsweise entgegenstehen, wenn:
- der Begleitungsbedarf nach ärztlicher Bescheinigung weniger als acht Stunden inklusive An- und Abreise beträgt, so dass die Angehörigen weder einen Krankengeldanspruch gegen die Krankenkasse noch einen Freistellungsanspruch gemäß § 44b SGB V gegen ihre Arbeitgeber*in haben und
- die Begleitung nicht mit der Berufstätigkeit vereinbar ist, etwa weil Behandlungs- und Untersuchungstermine nicht an den Randzeiten, sondern mitten am Tag stattfinden.
Entsprechende Argumente können von Menschen mit Behinderung und ihren Vertreter*innen aktiv im Gesamtplanverfahren eingebracht werden, sofern eine Begleitung durch Angehörige nicht erwünscht ist.
Soll die Begleitung durch Angehörige bzw. Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld erfolgen, muss die medizinische Notwendigkeit des Begleitungsbedarfes ärztlich bescheinigt werden.
Die Bescheinigung kann auch unabhängig von einem konkreten Krankenhausaufenthalt für die Dauer von zwei Jahren ausgestellt werden. Sie ist bei einer Begleitung durch Angehörige oder Bezugspersonen erforderlich, da ein Anspruch auf Krankengeld gegen die Krankenkasse nur besteht, wenn die Begleitung medizinisch notwendig ist. Die Feststellungen des Gesamtplans zur Erforderlichkeit einer Begleitung sind für die Krankenkasse nicht maßgeblich. Wann eine medizinische Notwendigkeit vorliegt, ist in der Anlage zur Krankenhausbegleitungs-Richtlinie geregelt (s.o.).
Erfolgt die Begleitung durch Angehörige oder Bezugspersonen aus dem engsten persönlichen Umfeld, sollte zu Beginn der Mitaufnahme eine vorläufige Bescheinigung der medizinischen Notwendigkeit der Begleitung und der zu erwartenden Anwesenheitstage von dem Krankenhaus erbeten werden. Durch Vorlage dieser Bescheinigung gegenüber der Krankenkasse und der Arbeitgeber*in kann die Begleitperson ihren Krankengeld- und Freistellungsanspruch frühzeitig geltend machen. Das Krankenhaus ist verpflichtet, diese vorläufige Bescheinigung bei Bedarf, insbesondere bei längeren stationären Behandlungen, bereits zu Beginn der Mitaufnahme auszustellen. Im Übrigen erfolgt die Bescheinigung am Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus.
Eltern, die ihr (erwachsenes) Kind mit Behinderung ins Krankenhaus begleiten, können seit dem 1. Januar 2024 anstelle des Krankengeldes gemäß § 44b SGB V auch Kinderkrankengeld gemäß § 45 Abs. 1a SGB V beanspruchen. Es beträgt 90 % des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts und wird für die gesamte Dauer der Mitaufnahme gewährt, sofern das (erwachsene) Kind behindert, auf Hilfe angewiesen und die Mitaufnahme des Elternteils medizinisch notwendig ist.
Daneben können Eltern während einer Krankenhausbegleitung auch weiterhin auf das herkömmlich Kinderkrankengeld gemäß § 45 Abs. 1 SGB V zurückgreifen. Dieses ist aber, anders als das neue Kinderkrankengeld, gemäß § 45 Abs. 1a SGB V auf eine bestimmte Anzahl von Kalendertagen im Jahr begrenzt.
Begleitende Eltern müssen hier also gut abwägen:
- Beanspruchen sie im Falle einer Krankenhausbegleitung nicht die neue Leistung gemäß § 44b SGB V oder das neue Kinderkrankengeld gemäß § 45 Abs. 1a SGB V, sondern das herkömmliche Kinderkrankengeld gemäß § 45 Abs. 1 SGB V, ist das herkömmliche Kinderkrankengeld ggf. im Falle einer weiteren Erkrankung des Kindes aufgebraucht.
- Sofern die weitere Erkrankung nicht im Krankenhaus behandelt werden muss, steht ihnen dann auch kein Anspruch auf Krankengeld gemäß § 44b SGB V bzw. auf das neue Kinderkrankengeld gemäß § 45 Abs. 1a SGB V zu.
Welche Regelung gilt für Begleitpersonen, die keine Berufstätigkeit ausüben?
Sofern die Begleitperson keine Berufstätigkeit ausübt, aber den Haushalt aufgrund der Begleitung nicht weiterführen kann, besteht kein Anspruch auf Krankengeld. Es kann aber ein Anspruch auf die Gewährung einer Haushaltshilfe gegen die Krankenkasse in analoger Anwendung des § 38 SGB V gegeben sein. Das hat das Bundessozialgericht bereits mit Urteil vom 23. November 1995 (Aktenzeichen: 1 RK 11/95) entschieden.
Welche Regelung gilt für Menschen, die ihre Pflege im Arbeitgebermodell organisieren?
Menschen, die ihre Pflege im Arbeitgebermodell organisieren, also selbst Arbeitgeber*in ihrer Pflegefachkraft sind, haben auch weiterhin gemäß § 11 Abs. 3 SGB V, § 34 Abs. 2 S. 2 SGB XI, § 63b Abs. 4 SGB XII einen Anspruch auf Vergütung der Pflegefachkraft während ihres Krankenhausaufenthaltes.
Werden die Kosten auch bei der Begleitung zu einer stationären Reha übernommen?
Für die Begleitung zu einer stationären Reha im Sinne des § 42 SGB IX ergibt sich der Anspruch der Begleitpersonen auf Verdienstausfall nicht aus § 44b SGB V, sondern aus § 73 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX. Nach dieser Vorschrift werden Reisekosten, die im Zusammenhang mit einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation stehen, übernommen. Die Reisekosten umfassen auch die Kosten für die Begleitung einschließlich des für die Zeit der Begleitung entstehenden Verdienstausfalls, wenn die Begleitung wegen der Behinderung erforderlich ist.
Worauf sollten Leistungserbringer künftig achten?
- Die neue Regelung in § 113 Abs. 6 SGB IX sollte bei anstehenden Verhandlungen zu Landesrahmenverträgen bzw. Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen einbezogen und es sollten entsprechende Leistungen/Vergütungen verhandelt werden.
- Zudem können organisatorische Vorkehrungen getroffen werden, um künftigen Personalausfall infolge der Begleitung im Krankenhaus beispielsweise durch den Einsatz von Springern kompensieren zu können.
- Schließlich sollten bereits im Vorfeld organisatorische und haftungsrechtliche Fragen hinsichtlich des Einsatzes der Mitarbeiter*innen mit dem nächstgelegenen Krankenhaus, den Mitarbeiter*innen und der Haftpflichtversicherung geklärt werden.
Weiterführende Hinweise enthält eine Handreichung zur Umsetzung des Anspruchs auf Begleitung im Krankenhaus gemäß § 113 Abs. 6 SGB IX, die von den Fachverbänden für Menschen mit Behinderung erarbeitet wurde.
Was ist bei der Aufnahme von Menschen mit Behinderung in ein Krankenhaus zu beachten?
Was bereits vor der Aufnahme eines Menschen mit Behinderung im Krankenhaus besonders wichtig ist:
- Es sollte eine gute Verständigung mit dem Krankenhauspersonal erfolgen.
- Fähigkeiten und Unterstützungsbedarfe der Menschen mit Beeinträchtigung sollten mitgeteilt werden.
Leben Menschen mit Behinderung in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe oder werden sie von Diensten der Eingliederungshilfe betreut, dann gilt:
- Mitarbeitende dieser Unterstützungssysteme sollten sich mit dem Krankenhauspersonal über Zuständigkeiten und Aufgabenbereiche abstimmen.
Hinweis: Unterstützung bietet hierbei eine Liste von Gesichtspunkten für Abstimmung und Absprachen zur Verbesserung der Kooperation. Sie wurde vom Arbeitskreis Gesundheitspolitik der Fachverbände für Menschen mit Behinderung erarbeitet. Das Ziel: Beide Seiten sollen darin unterstützt werden, ihre jeweiligen Anliegen systematisch abzugleichen und in möglichst verbindlicher Form zu vereinbaren. Denn durch gezielte Absprachen können Irritationen und Missverständnisse über den Aufgabenbereich und die Leistungen des jeweils anderen vermieden und so die Versorgung der betroffenen Menschen verbessert werden.
Checkliste: Bessere Krankenhausversorgung von Menschen mit Behinderung
Welche Unterstützung für Menschen mit Behinderung gibt es bei der Entlassung aus dem Krankenhaus?
Am Ende einer Krankenhausbehandlung haben alle gesetzlich Versicherten einen Anspruch auf Unterstützung durch das sogenannte Entlassmanagement gemäß § 39 Abs. 1a SGB V. Dabei wird die weitere medizinische Versorgung nach einer stationären Behandlung vom Krankenhaus aus geregelt. Verordnet werden können beispielsweise:
- Arznei- und Verbandmittel,
- Heil- und Hilfsmittel,
- häusliche Krankenpflege
- oder die medizinisch notwendige Rückfahrt von der Klinik nach Hause.
Die Einzelheiten sind im Rahmenvertrag über ein Entlassmanagement beim Übergang in die Versorgung nach Krankenhausbehandlung geregelt.
Was können Krankenhäuser für Menschen mit Behinderung verbessern?
Auch Krankenhäuser haben die Möglichkeit, einen Beitrag zur Verbesserung der stationären Versorgung von Menschen mit Behinderung zu leisten.
- Zusatzentgelte: Sie können gemäß § 6 Abs. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) pauschale Zusatzentgelte mit den Kostenträgern verhandeln und damit die Finanzierung des ggf. erhöhten Aufwandes verbessern, der bei der medizinischen Versorgung dieses Personenkreises anfallen kann.
- Pflegebudget: In Bezug auf Pflegeleistungen gibt es die Möglichkeit, gemäß § 6a KHEntgG ein individuelles Pflegebudget zu verhandeln, das die tatsächlichen Aufwendungen des Krankenhauses und damit auch die erhöhten Aufwendungen für Menschen mit Behinderung in diesem Bereich abdeckt.
- Eine bessere Vergütung kann sich bei zweckentsprechender Verwendung auf die Qualität der Leistungserbringung auswirken.
- Qualitätsverträge: Außerdem können Krankenhäuser sogenannte Qualitätsverträge gemäß § 110a SGB V zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung im Krankenhaus abschließen.
- In diesen Verträgen können sie beispielsweise vorsehen, dass ein strukturiertes Aufnahme- und Entlassmanagement durchgeführt wird, das auf die behinderungsbedingten Bedürfnisse der Betroffenen abgestimmt ist und bei dem ausreichend Zeit zur Verfügung steht. Außerdem können regelmäßige, fachliche Schulungen des Krankenhauspersonals in Bezug auf die Besonderheiten bei der Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung vorgesehen werden. Schließlich kann bestimmt werden, dass vor, während und nach dem stationären Aufenthalt ein*e Ansprechpartner*in seitens des Krankenhaues zur Verfügung steht.
- Der bundesweit erste Qualitätsvertrag zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Behinderung wurde vom Ev. Krankenhaus Alsterdorf abgeschlossen.
Beispiele: Gute Unterstützung im Krankenhaus
Ein gutes Beispiel in diesem Zusammenhang ist das Projekt "Klinik Inklusiv" der Fachhochschule der Diakonie mit dem Krankenhaus Mara und dem Ev. Krankenhaus Bielefeld. Im Rahmen des Projektes besuchten sogenannte klinische Pflegeexpert*innen des Krankenhauses Menschen mit Behinderung im Vorfeld eines Klinikaufenthaltes zu Hause, ermittelten ihre besonderen Bedarfe und versuchten ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Auch während des Klinikaufenthaltes standen sie begleitend und unterstützend zur Seite.
Auch das Projekt "Inklusions-Lots*innen" im Ev. Krankenhaus Alsterdorf begleitet Menschen mit Behinderung. Die Inklusions-Lots*innen stehen für alle Beteiligten als feste Ansprechpartner*innen vor, während und nach dem Krankenhausaufenthalt zur Verfügung.
Weitere Informationen zum Thema: Menschen mit Behinderung im Krankenhaus
- Geistig behinderte Menschen im Krankenhaus: Alles andere als Wunschpatienten Ein Angebot des Ärzteblatts.
- Stellungnahme zum Entwurf der Krankenhausbegleitungs-Richtlinie Stellungnahme der Fachverbände für Menschen mit Behinderung.
- Orientierungshilfe zur Umsetzung des Anspruchs auf Begleitung im Krankenhaus BAGüS-Orientierungshilfe zu Assistenzleistungen im KH.
- Krankenhausbegleitung Themenseite der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
- Assistenz im Kranken-Haus Seit dem November 2022 gibt es ein neues Gesetz. Es geht um Assistenz. Das neue Gesetz ist gut. Es gibt bei dem neuen Gesetz aber auch Probleme. Das neue Gesetz muss noch verbessert werden.
- Reformbedarfe im Lichte des Rechts auf Gesundheit In diesem Fachbeitrag zeigt Christina Janßen Reformbedarfe in Bezug auf die gegenwärtige Rechtslage zur Assistenz von Menschen mit Behinderungen im Krankenhaus auf.
- Bundes-Klinik-Atlas Mithilfe dieses Online-Verzeichnisses sollen Betroffene anhand von verschiedenen Angaben die Qualität der Krankenhausbehandlung in den jeweiligen Kliniken besser abschätzen können. Ein Angebot des BMG.