Sprache
Wahlen und das inklusive Wahlrecht für alle Menschen
In Deutschland gilt Inklusives Wahlrecht für alle Menschen. Jeder Mensch hat das Recht zu wählen. Jede Stimme hat den gleichen Wert. Hier gibt es weitere Informationen zum Wahlrecht und zu Wahlen.
Warum sind Wahlen wichtig?
Deutschland ist ein aus 16 Ländern bestehender Bundesstaat und eine parlamentarische Demokratie. Wahlen sind die Grundpfeiler einer Demokratie – aber was heißt das eigentlich?
Wie in Deutschland gewählt wird
Bei einer Wahl entscheiden die Menschen nicht direkt über politische Fragen, sondern sie entscheiden sich für Abgeordnete. Diese Abgeordneten oder auch Volksvertreter*innen entscheiden dann ohne Weisung nach eigenem Gewissen (freies Mandat). Sie vertreten die Menschen des Landes – meist zusammengeschlossen in Fraktionen – in der Volksvertretung, dem sogenannten Parlament.
(Hinweis: Abgeordnete können auch fraktionslos sein.)
Je mehr Stimmen eine Fraktion bei einer Wahl erhält, desto stärker ist ihre Position im Parlament. Darum ist jede einzelne Stimme (oder auch Wahlbeteiligung) bei einer Wahl sehr wichtig.
Diese Fraktionen waren in den letzten Jahren im Parlament, dem Bundestag, vertreten:
- CDU/CSU
- SPD
- AfD
- FDP
- Die Linke (zuletzt als Gruppe, siehe Grundmandatsklausel unten)
- Bündnis 90/Die Grünen
Jede Fraktion hat eine eigene politische Ausrichtung, obwohl es auch Überschneidungen gibt. Vor einer Wahl sollte sich jede Wählerin und jeder Wähler darüber informieren, welche Fraktion sie oder ihn im Parlament am besten vertreten würde.
Hinweis: Die Bildung von Fraktionen im Parlament unterliegt Regeln und bietet verschiedene Vorteile. In der Regel bilden sich Fraktionen durch Abgeordnete einer einzelnen Partei heraus, die dann die Ziele der Partei über die Fraktion in das Parlament tragen. Es gibt aber auch weitere Möglichkeiten, wie den Zusammenschluss zweier Parteien zu einer Fraktion (wie bei der CDU/CSU der Fall).
Parteiendemokratie: Die Parteien und ihre Ziele
Parteien sind ein zentraler Bestandteil des politischen Systems in Deutschland. In Parteien schließen sich Menschen mit gleichen (politischen) Überzeugungen zusammen. Die Gründung von Parteien ist im Grundgesetz verankert, während das Parteiengesetz die entstandenen Parteien reguliert. Parteien, die genügend Wählerstimmen erhalten, sind als Fraktionen im Parlament vertreten (zu beachten sind hier die Fünfprozenthürde sowie die Grundmandatsklausel).
Wer darf in Deutschland wählen?
Wählen dürfen Menschen mit aktivem Wahlrecht, die im Wählerverzeichnis geführt werden. Die Kriterien für ein aktives Wahlrecht können je nach Bundesland und je nach Wahl unterschiedlich sein. Bei der Bundestagswahl gilt beispielsweise:
- Dank des inklusiven Wahlrechts dürfen grundsätzlich alle Deutschen wählen.
- Bedingung ist, dass sie zum Wahltag volljährig sind (18 Jahre alt)
- und seit mindestens drei Monaten in Deutschland wohnhaft sind.
- (Im Ausland lebende Deutsche können nach Paragraf 12 des Bundeswahlgesetztes allerdings in der Regel auch wählen.)
- Ausgeschlossen sind nach Paragraf 13 des Bundeswahlgesetztes nur Menschen, die infolge Richterspruchs das Wahlrecht nicht besitzen.
Hinweis: Mehr in Artikel 38 Absatz 2 des Grundgesetzes und in Paragraf 12 des Bundeswahlgesetzes.
Wer Wahlberechtigt ist, erhält vor der Wahl eine Wahlbenachrichtigung. Diese Benachrichtigung erfolgt über den Eintrag im Wählerverzeichnis der Gemeinde, bei welcher die Person gemeldet ist. Auf der Wahlbenachrichtigung wird erklärt, wie man seine Stimme (bzw. Erst- und Zweitstimme im Falle der Bundestagswahl) abgeben kann. Auf unserer Wahl-Hilfe-Seite in Leichter Sprache haben wir dazu noch mehr Informationen.
- Jede Wählerin und jeder Wähler muss für sich selbst entscheiden, welche Partei sie oder ihn am besten vertreten kann. Man kann sich die Frage stellen: "Welche Partei stimmt mit meinen eigenen Vorstellungen zu verschiedenen Themen am ehesten überein?" Um diese Frage leichter zu beantworten, gibt es z. B. den sogenannten Wahl-O-Maten der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb). Dort kann man Antworten auf verschiedene politische Fragen geben. Anschließend erfährt man, mit welchen der größeren Parteien man am häufigsten oder seltensten übereingestimmt hat. Dies kann eine erste inhaltliche Orientierung sein.
- Man kann sich auch direkt bei den Parteien informieren und Fragen zu bestimmten Themen stellen, wie dem Klimawandel, der Digitalisierung oder der Barrierefreiheit. Viele Antworten ergeben sich bereits aus den Parteiprogrammen der einzelnen Parteien, in denen sie ihre wichtigsten Anliegen vorstellen.
- Hilfreich können auch sogenannte Wahlprüfsteine sein: Interessenverbände wie die Lebenshilfe stellen bestimmte Fragen an Parteien und erhalten darauf – je nach Partei – unterschiedliche Antworten. Die Aktion Mensch hat zum Beispiel eine Umfrage zur Europawahl rund um den Wahlprüfstein Inklusion durchgeführt. Was versprechen die Parteien Wählerinnen und Wählern, für die das Thema Inklusion bei der Stimmabgabe eine wichtige Rolle spielt? Fast alle Parteien haben darauf geantwortet.
- Wichtig: Niemand darf zur Wahl einer bestimmten Partei gedrängt werden. Darum finden Wahlen immer geheim statt. Man muss niemandem sagen, wen man gewählt hat. So hat jede Wählerin und jeder Wähler die Möglichkeit, die Partei zu wählen, die sie oder ihn am besten vertritt.
- Parteien in Deutschland im Überblick Auf dieser Seite können Sie sich über die Parteien in Deutschland informieren. Das ist wichtig für Ihre Wahlentscheidung. Ein Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).
- Parteiunterlagen (bzw. Parteiprogramme) der einzelnen Parteien Sehr viele Parteien stellen dem Bundeswahlleiter bzw. der Bundeswahlleiterin ihr Parteiprogramm zur Verfügung. Sie können diese Programme mit den Zielen der Parteien hier kostenlos einsehen.
Informationen in Leichter Sprache zur Wahl
Weitere Informationen zu Wahlen, zum Wahlkampf und zu Wahlmöglichkeiten gibt es auf unserer Wahl-Hilfe-Seite in Leichter Sprache.
Welche Wahlen stehen an?
Besonderheiten bei Wahlen für Menschen mit Behinderung
Wahlassistenz ist bei Wahlen erlaubt
Wahlassistenz, also die Unterstützung beim Wahlvorgang selbst, ist erlaubt. Allerdings darf jeder Wahlberechtigte sein Wahlrecht nur einmal und nur persönlich ausüben.
Wahlfälschung ist bei Wahlen verboten
Eine Ausübung des Wahlrechts durch einen Vertreter oder eine Vertreterin anstelle des Wahlberechtigten ist unzulässig. Wenn die Entscheidung, wo das Kreuz gesetzt wird, nicht vom Wahlberechtigten ausgeht oder sie durch eine missbräuchliche Einflussnahme erfolgte, handelt es sich um Wahlfälschung. Wahlfälschung ist strafbar.
- Wahlassistenz, das steht in § 14 Absatz 5 Bundeswahlgesetz, ist nur möglich, wenn der oder die Wahlberechtigte nicht lesen kann oder wegen einer Behinderung an der Abgabe der Stimme gehindert ist.
- Die Hilfestellung bei der Wahl darf nur technische Hilfe bei der Kundgabe einer von der wahlberechtigten Person selbst getroffenen und geäußerten Wahlentscheidung sein. Hierfür ist jetzt auch die Begleitung in die Wahlkabine möglich. Eine andere Möglichkeit für die assistiert durchgeführte Wahl ist die Briefwahl. Allerdings darf auch bei der Briefwahl nicht für die wahlberechtigte Person gewählt werden.
- Das wäre Wahlfälschung und ist strafbar nach § 107 a StGB. Unzulässig ist eine Hilfeleistung, die unter missbräuchlicher Einflussnahme erfolgt, die die selbstbestimmte Willensbildung oder Entscheidung des Wahlberechtigten ersetzt beziehungsweise verändert oder wenn ein Interessenkonflikt bei der Hilfsperson besteht.
- Wahlfälschung: es wird unbefugt für jemanden gewählt
- Wahlassistenz: es wird nur Hilfestellung beim Verstehen der Wahlunterlagen geleistet
- Zum Beispiel kann man erklären, welche Parteien oder Personen auf dem Zettel stehen oder man hilft beim technischen Ankreuzen.
- Die Entscheidung, wo das Kreuz gesetzt wird, bleibt aber beim Wahlberechtigten.
Beantragung des Wahlscheins
Die Erteilung eines Wahlscheines kann schriftlich oder mündlich bei der Gemeindebehörde beantragt werden (27 Abs. 1 BWahlO). Die Schriftform gilt auch durch Telegramm, Fernschreiben, Telefax, E-Mail oder durch sonstige dokumentierbare elektronische Übermittlung als gewahrt. Eine telefonische Antragstellung ist unzulässig.
Ein Wahlberechtigter mit Behinderung kann sich bei der Antragstellung der Hilfe einer anderen „beliebigen“ Person bedienen (§ 57 BWahlO gilt entsprechend). Es ist also nicht erforderlich, dass die rechtliche Betreuer*in dies tut. Dies gilt auch, weil die Wahl ein höchstpersönliches Recht ist. Die Wahlberechtigte kann daher selbst entscheiden und aussuchen, wer sie bei der Wahl und eben auch bei der Beantragung des Wahlscheins unterstützen soll.
Was heißt Inklusives Wahlrecht?
Es gab lange Zeit sogenannte Wahlrechtsausschlüsse. Das bedeutet, dass Menschen aus bestimmten Gründen von Wahlen ausgeschlossen werden. In Deutschland waren das bis 2019 (entgegen der Vorgaben der UN-BRK) mehr als 85.000 volljährige Menschen mit Behinderung.
Die Forderungen der Lebenshilfe haben Erfolg
Schon lange forderte die Lebenshilfe, dass dieses Unrecht ein Ende haben muss. Am 16. Mai 2019 hat der Bundestag die Wahlausschlüsse von Menschen mit Betreuung in allen Angelegenheiten aus dem Bundeswahlgesetz gestrichen. Seitdem düfen alle Menschen wählen und es gilt Inklusives Wahlrecht für alle.
„Der Durchbruch ist gelungen! Endlich schaffen wir ein inklusives Wahlrecht für alle!“, verkündete die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe, Ulla Schmidt, MdB, im Jahr 2019 beim Parlamentarischen Abend der Bundesvereinigung Lebenshilfe in Berlin. Kurz zuvor hatte es in der Großen Koalition nach langen Verhandlungen eine Einigung zur Aufhebung der Wahlrechtsausschlüsse im Bundeswahlgesetz und im Europawahlgesetz gegeben.
Das Recht, zu wählen und gewählt zu werden, wird als demokratisches Kerngrundrecht von Artikel 38 Grundgesetz (GG) garantiert. Die Wahlrechtsausschlüsse des § 13 Nummer 2 und 3 BWahlG und § 6a EuWG waren nach Ansicht der Lebenshilfe verfassungswidrig, denn sie verstießen gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl aus Artikel 38 GG sowie Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und diskriminierten Menschen mit Behinderung in rechtswidriger Weise. Das Wahlrecht darf nicht von den vermeintlichen Fähigkeiten eines Menschen abhängig gemacht werden. Stattdessen müssen Menschen die Unterstützung erhalten, die sie für die Ausübung des Wahlrechts benötigen.
WIR für Menschlichkeit und Vielfalt
Mehr als 750 Verbände, Initiativen und Einrichtungen aus den Bereichen der Behindertenhilfe und der Sozialen Psychiatrie unterstützten im Superwahljahr 2021 die Aktion "WIR für Menschlichkeit und Vielfalt". Damit zeigten sie gemeinsam klare Haltung gegen Rassismus und Rechtsextremismus und setzten sich für eine menschliche und lebenswerte Zukunft für alle ein.
Gegen Ausgrenzung und Diskriminierung
Die Aktion "WIR für Menschlichkeit und Vielfalt" setzte ein Zeichen gegen jegliche Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen. Sie ist entstanden, weil durch das Auftreten von Parteien wie der Alternative für Deutschland (AfD) und anderer rechter Bewegungen Ausgrenzung und Diskriminierung wieder an der Tagesordnung sind. Das ist nicht hinnehmbar und muss aufhören. Mehr über die Aktion, ihre Ziele und die Unterstützer*innen gibt es hier: