Wohn- und Betreuungsverträge
Wer in einer eigenen Wohnung, einer Wohngemeinschaft oder einer besonderen Wohnform lebt, benötigt einen Vertrag. Manchmal handelt es sich um einen sogenannten Wohn- und Betreuungsvertrag (WBVG-Vertrag). Wir geben Antworten auf Fragen zu WBVG-Verträgen.
Wohn- und Betreuungsverträge und das WBVG
Einen Wohn- und Betreuungsvertrag (WBVG-Vertrag) benötigt man, wenn Wohnraum nur gegen Abnahme von Pflege- oder Betreuungsleistungen überlassen wird. Die Vorschriften dazu finden sich im Wohn- und Betreuungsvertrags-Gesetz (WBVG).
Das ist ein Gesetz zum Schutz des Verbrauchers. Verbraucher ist der Bewohner, der durch das WBVG z. B. besser gegen Kündigungen geschützt wird als bei einem „normalen Mietvertrag“. Bei den Vertragsklauseln handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Zu dieser Art des Vertrags gibt es viele Fragen. Darum möchten wir mit einem FAQ (Fragen und Antworten) zu WBVG-Verträgen Antworten auf die wichtigsten Fragen anbieten.
Fragen und Antworten zu WBVG-Verträgen
Schließe ich einen WBVG-Vertrag ab, wenn ich in eine Wohnform ziehe, die mir ein eigenes Zimmer zur Verfügung stellt, Gemeinschaftsräume zur Mitnutzung überlässt sowie Pflege- und/oder Betreuungsleistungen erbringt?
Sie schließen mit dem Träger der Wohnform einen sogenannten Wohn- und Betreuungsvertrag ab, wenn Sie den Wohnraum nur deshalb überlassen bekommen, weil sie außerdem Pflege-und/oder Betreuungsleistungen von dem Träger der Wohnform abnehmen. Wenn die Leistung Wohnen mit der Leistung Pflege/Betreuung derartig eng verknüpft ist, dann handelt es sich um einen WBVG-Vertrag.
- Falls Sie aktuell keinen Betreuungs- oder Pflegebedarf haben, dann liegt trotzdem ein WBVG-Vertrag vor, wenn Sie sich zur Abnahme dieser Leistungen für einen späteren (noch unbestimmten) Zeitpunkt verpflichten. Das ist aber nur möglich, wenn der Wohnanbieter diese Leistungen überhaupt verbindlich anbietet.
- Ein weiterer Vertrag mit dem Träger der Wohnform ist neben dem WBVG-Vertrag nicht mehr erforderlich. Alle Rechte und Pflichten ergeben sich dann aus dem WBVG-Vertrag. So beispielsweise auch die Verpflichtung, ein monatliches Entgelt für das Wohnen zu zahlen.
- Falls Sie die Betreuungs-und/oder Pflegeleistungen selbst organisieren, handelt es sich nicht um einen WBVG-Vertrag. Für einen WBVG-Vertrag fehlt es dann an der typischen Verknüpfung der Leistungen (Unterkunft und Betreuungs-/Pflegeleistungen). In einem solchen Fall schließen Sie einen „normalen“ Mietvertrag nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Sie müssen dem Vermieter dann für die Nutzung des Wohnraums monatlich eine Miete zahlen.
Schließe ich einen WBVG-Vertrag nur dann, wenn ich in eine besondere Wohnform (früher: Einrichtung der Behindertenhilfe) ziehe? Oder auch, wenn ich ambulant betreut wohnen möchte?
Bewohner besonderer Wohnformen haben bisher in der Regel einen WBVG-Vertrag, weil dort meistens alle Leistungen aus einer Hand (gemeint ist: vom Träger der Wohnform) erfolgen bzw. organisiert werden und der Träger der Wohnform die Gesamtverantwortung trägt. Auch wer als Erwachsener eine Kurzzeitpflege in Anspruch nimmt, schließt mit dem Träger der Wohnform einen WBVG-Vertrag.
Es können aber auch „ambulante“ Wohnsettings unter das WBVG fallen. Das ist immer dann der Fall, wenn Wohnanbieter und Bewohner vereinbaren, dass neben der Überlassung des Wohnraums auch die Pflege- und/oder Betreuungsleistungen vom Wohnanbieter erbracht werden (siehe oben). Das kann z. B. bei anbieterverantworteten Wohngemeinschaften der Fall sein.
Handelt es sich um einen WBVG-Vertrag, wenn außer der Wohnraum-Überlassung nur noch allgemeine Unterstützungsleistungen vereinbart sind?
Nein, falls außer der Überlassung von Wohnraum nur noch allg. Unterstützungsleistungen vereinbart werden – wie die Vermittlung von Pflege- und Betreuungsleistungen, Leistungen der hauswirtschaftlichen Versorgung oder Notrufdienste – liegt kein WBVG-Vertrag vor. Das steht auch so im Gesetz (vgl. § 1 Absatz 1 WBVG). Man spricht dann vom sogenannten Service-Wohnen.
Kann es sich auch dann um einen WBVG-Vertrag handeln, wenn zwei unterschiedliche Verträge abgeschlossen werden?
Ja, zwei separate Verträge mit dem Träger der Wohnform können – rechtlich gesehen – ein einziger Wohn- und Betreuungsvertrag sein. Das ist anzunehmen, wenn der eine Vertrag (über die Unterkunft) nur wegen des Abschlusses des zweiten Vertrages (über die Pflege/Betreuung) zustande kommt.
Das gilt auch dann, wenn der eine Vertrag mit dem Träger der Wohnform abgeschlossen wird und der andere Vertrag mit einem anderen Leistungserbringer, sofern die beiden (Träger der Wohnform und anderer Leistungserbringer) rechtlich und/oder wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Beispiel: Kooperationsvereinbarungen zwischen dem Träger der Wohnform und dem anderen Leistungsanbieter können ein Indiz für die Verbundenheit sein.
Darf der Vertrag befristet werden?
Der Vertrag wird meistens auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Eine Befristung ist zulässig, wenn sie den Interessen des Bewohners nicht widerspricht (§ 4 WBVG).
Fragen zum Abschluss des WBVG-Vertrages
Wir haben die drei häufigsten Fragen zum Vertragsabschluss hier beantwortet:
- Ja, der Wohnanbieter ist zur Vorab-Information in leicht verständlicher Sprache verpflichtet. Ohne diese Information darf der Bewohner kündigen, und zwar ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist.
Ja, der Vertrag muss schriftlich abgeschlossen werden. Der Abschluss in elektronischer Form ist ausgeschlossen (§ 6 WBVG). Den Vertrag kann der Bewohner selbst unterschreiben. Sollte sich später die Geschäftsunfähigkeit herausstellen, dann ist der Vertrag noch vom Betreuer oder einem Bevollmächtigten zu genehmigen (§ 4 Absatz 2 WBVG). Bezüglich schon erbrachter Leistungen gilt der Vertrag als wirksam geschlossen. Beispiel: Geschäftsunfähiger Mensch ist schon eingezogen, hat schon Leistungen empfangen und zahlt monatlich das Entgelt für das Wohnen.
Ja, Sie müssen mindestens 18 Jahre alt sein. Das steht so im Gesetz: § 1 Absatz 1 WBVG („volljähriger Verbraucher“). Ausnahme: Für minderjährige Menschen in Pflegeeinrichtungen ist das WBVG ebenfalls anzuwenden, vgl. § 119 Sozialgesetzbuch (SGB) XI.
Anmerkung: Im SGB XI ist das Recht der sozialen Pflegeversicherung geregelt.
Muss ich eine Sicherheitsleistung (Kaution) zahlen?
Nein, Sie müssen keine Sicherheit leisten, wenn Sie Hilfe zum Lebensunterhalt oder Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten, in einer besonderen Wohnform leben und mit dem Träger der besonderen Wohnform eine Direktzahlung vereinbart haben.
Direktzahlung bedeutet, dass der Teil der Grundsicherung für das Wohnen und manchmal auch für die Verpflegung und ggf. weitere Kosten direkt vom Sozialhilfeträger an den Träger der Wohnform gezahlt wird. Dann bekommt der Träger der Wohnform auf jeden Fall pünktlich sein Geld für das Wohnen usw. und ist ausreichend abgesichert; unter diesen Umständen braucht er keine Sicherheitsleistung mehr.
Die Direktzahlung ist auf jeden Fall zulässig, wenn der Bewohner dies wünscht, aber auch in anderen Fällen. Bei der Direktzahlung wird das Geld für das Wohnen (und manchmal auch für weitere Leistungen) also nicht auf das Konto des Bewohners gezahlt.
Es gibt auch Menschen, die keine Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt bekommen, weil sie genug eigenes Einkommen und Vermögen haben. Das sind die sogenannte Selbstzahler. Von Selbstzahlern darf der Träger der Wohnform eine Sicherheitsleistung verlangen (vgl. dazu BGH, Urteil vom 5.4.2018 – Az: III ZR 36/17, Besprechung in RdLh 3/2018, S. 154).
Falls eine Kaution zu zahlen ist: Diese kann ggf. als Leistung der Hilfe zum Lebensunterhalt – ggf. als Darlehen – gewährt werden (Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 27.08.2019).
Beachte: Sicherheitsleistung kann z. B. eine Geldzahlung, eine (Bank-)Bürgschaft oder eine Hinterlegung von Wertsachen sein. Zur Höhe: Diese darf maximal das Doppelte eines Monatsentgelts betragen. Erhöht sich im Laufe der Zeit das Entgelt, darf die Sicherheitsleistung aber nicht nach oben hin angepasst werden. Die Sicherheitsleistung darf sich nur auf die Wohnkosten beziehen.
Verlangt der Wohnanbieter von einem Angehörigen oder Dritten, dass dieser eine sogenannte „Beitrittserklärung“ unterschreibt und sich damit verpflichtet, zusätzlich neben dem Bewohner für die Verpflichtungen aus dem Vertrag einzustehen, dann ist dies zumindest dann unwirksam, wenn der Beitritt des Dritten nicht im WBVG-Vertrag vereinbart wurde (Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.05.2015 – Az: III ZR 263/14). Vor der Unterzeichnung einer solchen Beitrittserklärung sollte sich der Bewohner bzw. der ihn begleitende Angehörige / Dritte Bedenkzeit erbitten und sich zunächst beraten lassen.
Im WBVG-Vertrag steht, dass ich die Kosten für Unterkunft und Heizung zahlen muss. Welcher Kostenträger übernimmt diese Kosten?
Sie haben vielleicht einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch XII (SGB XII). Das ist eine Leistung für bedürftige Menschen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr.
Anmerkung: Die Grundsicherung nach dem SGB XII nicht verwechseln mit der Grundsicherung für (erwerbsfähige) Arbeitsuchende nach dem SGB II!
Die Grundsicherung kann auch die Kosten für Unterkunft und Heizung (bis zu einer bestimmten Höhe*, dazu noch weiter unten) umfassen. Diese Kosten überweist der Träger der Sozialhilfe dann als Teil der Grundsicherung auf das Konto des Leistungsberechtigten oder direkt an den Träger der Wohnform.
Oder vielleicht steht Ihnen auch Hilfe zum Lebensunterhalt zu (SGB XII). Auch diese Leistung kann die Kosten für Unterkunft und Heizung (bis zu einer bestimmten Höhe) umfassen.
Für beide Leistungen gilt: Für Grundsicherung und Hilfe zum Lebensunterhalt ist der Sozialhilfeträger zuständig. Sie müssen Ihr Einkommen und Vermögen offenlegen. Das Einkommen der Eltern zählt nur mit, wenn ein Elternteil über 100.000 Euro pro Jahr verdient – dann müssen die Eltern einen monatlichen Beitrag an den Sozialhilfeträger zahlen (2020: 26,49 Euro). Das Vermögen der Eltern spielt keine Rolle.
Der Träger der Sozialhilfe übernimmt diese Kosten, soweit sie die Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Kosten für die Warmmiete von Einpersonenhaushalten nicht überschreiten (= 100 %).
Übersteigen die Kosten 25 % der Angemessenheitsgrenze, weil noch ein Zuschlag vertraglich vereinbart wurde, dann wird dies auch über die Grundsicherung / Hilfe zum Lebensunterhalt übernommen. Folgende Zuschläge sieht das Gesetz vor und stehen womöglich in Ihrem WBVG-Vertrag:
- Zuschlag für die Möblierung
- Wohn- und Wohnnebenkosten, soweit angemessen
- Haushaltsstrom, Ausstattung mit Haushaltsgroßgeräten und
- Instandhaltung
- Gebühren für Telekommunikation sowie Gebühren für den Zugang zu Rundfunk, Fernsehen und Internet
In den Fällen, in denen die Kosten die o. g. 25 % der Angemessenheitsgrenze übersteigen, können diese weiteren Kosten ggf. als EGH beansprucht werden (§ 113 Abs. 5 SGB IX) – als Leistung der Grundsicherung oder Hilfe zum Lebensunterhalt kommen sie nicht in Betracht.
Wenn die Bewohner der besonderen Wohnform unterschiedliche Entgelte für ihr Zimmer bezahlen– ist das richtig so?
Ja, die Entgelte müssen nach dem Gesetz „angemessen“ sein. Das bedeutet, dass z.B. größere Zimmer oder Zimmer mit einem schöneren Ausblick (in den Garten) usw. mehr kosten können als z.B. die kleineren Zimmer oder die mit einem schlechteren Ausblick (in den Hinterhof) usw.
Wegen Corona lebe ich vorübergehend wieder zuhause bei meinen Eltern – muss ich trotzdem für die Unterkunft in der besonderen Wohnform bezahlen und was mit dem Geld für die Verpflegung?
- Ja, Sie müssen trotzdem weiter das Entgelt für die Unterkunft bezahlen. Bitte denken Sie daran, dass Sie auch zahlen müssten, wenn Sie eine Mietwohnung hätten und dann einen langen Urlaub machen. Die Wohnung/das Zimmer wird für Sie freigehalten und kann nicht anderweitig überlassen werden. Deshalb müssen Sie auch dann weiter zahlen, wenn Sie Ihr Zimmer und die Gemeinschaftsräume in der besonderen Wohnform vorübergehend nicht nutzen.
- Das Geld für die Verpflegung spart der Träger der Wohnform allerdings ein, wenn Sie sich länger nicht in der besonderen Wohnform aufhalten und dort also auch nicht essen und trinken. Ab dem 4. Tag der Abwesenheit muss der eingesparte Betrag an den Bewohner ausgezahlt werden. Manchmal ist in den WBVG-Verträgen auch eine Pauschale vereinbart; dann bekommen Sie diese Pauschale erstattet. Das steht in § 7 Absatz 5 WBVG.
Im WBVG-Vertrag steht, dass für die Eingliederungshilfe Kosten zu tragen sind. Welcher Kostenträger steht für diese Kosten ein?
Grundsätzlich muss der Bewohner diese Kosten bezahlen, weil er der Vertragspartner des Trägers der Wohnform ist. Der Bewohner wird aber meistens einen Anspruch auf Eingliederungshilfe (EGH) gegenüber dem Träger der EGH haben.
Beachte: Seit 1. Januar 2020 ist der Träger der Sozialhilfe nicht mehr für die EGH zuständig!
Erlässt nun der Träger der EGH einen Bewilligungsbescheid gegenüber dem Bewohner, dann verpflichtet sich der Träger der EGH damit, den Träger der Wohnform / Leistungserbringer für die erbrachte EGH zu bezahlen. Anders ausgedrückt: Der Träger der Wohnform hat dann – für die gegenüber dem Bewohner erbrachte EGH – einen eigenständigen Zahlungsanspruch gegenüber dem Träger der EGH (vgl. § 123 Abs. 6 SGB IX).
Manchmal übernimmt der Träger der EGH die Kosten in voller Höhe, manchmal muss der Bewohner einen Beitrag zahlen (vgl. §§ 135 ff. SGB IX; ausführlich erläutert im „Recht auf Teilhabe“, Bundesvereinigung Lebenshilfe, 2020, S. 55 ff.).
Wegen Corona lebe ich schon länger wieder bei meinen Eltern zuhause. Die Leistungen der Eingliederungshilfe konnte ich leider nicht nutzen. Muss ich nun etwas bezahlen, weil ich die vereinbarten Leistungen nicht abgerufen habe?
Sie müssen nicht bezahlen, solange der Träger der Eingliederungshilfe dem Träger der Wohnform trotzdem die Vergütung zahlt – so als ob Sie die EGH bekommen hätten. In manchen Bundesländern zahlen die Träger der EGH diese Vergütung aber nicht mehr weiter, wenn der Bewohner eine längere Zeit abwesend war.
Hintergrund der oben genannten Probleme in manchen Bundesländern sind die sogenannten Platzfreihalteregelungen. In diesen Regelungen steht, dass der Träger der EGH nur eine bestimmte Zeit lang die EGH (für den abwesenden Bewohner) an den Leistungserbringer / Träger der Wohnform zahlt. Wegen Corona wurde in manchen Bundesländern erfreulicherweise auf die Anwendung dieser Regelungen verzichtet. In diesen Ländern zahlen die Träger der EGH für die (nicht erbrachte) EGH weiter und dem Leistungserbringer / Träger der Wohnform entsteht kein Nachteil. In anderen Bundesländern wurde leider versäumt, die Platzfreihalteregelung auszusetzen, oder geht es um anderweitige Probleme.
In meinem Wohn- und Betreuungsvertrag steht, dass bei Streitigkeiten ein Verbraucherschlichtungsverfahren durchgeführt werden kann. Was bedeutet das genau?
Das bedeutet, dass auch ohne Klageverfahren eine verbindliche Klärung einer Streitigkeit herbeigeführt werden kann; und zwar von einer sog. Schlichtungsstelle. Wer diese Möglichkeit nutzen möchte, wende sich an die allgemeine Verbraucherschlichtungsstelle (www.verbraucher-schlichtung.de) in Kehl (mail@verbraucherschlichtung.de). Dort hilft man Ihnen gern weiter.
Beachte: Voraussetzung ist, dass der Träger der Wohnform und der Bewohner mit dem Schlichtungsverfahren einverstanden sind, vgl. § 6 Absatz 3 Nr. 4 WBVG.
Darf der Träger der Wohnform einseitig das Entgelt für das Wohnen erhöhen?
Nein, wenn sich die Bemessungsgrundlage ändert, dann darf er das Entgelt nicht einseitig erhöhen. Der Träger der Wohnform muss dann den Bewohner um seine Zustimmung bitten, den Vertrag abzuändern. Das Gesetz hört sich zwar so an, als könnte die einseitige Erhöhung erlaubt sein, aber das ist nicht der Fall (so die Entscheidungen der Gerichte).
Was, wenn der Bewohner den erhöhten Betrag gezahlt hat, obwohl der Wohn- und Betreuungsvertrag nicht wirksam geändert wurde? Dann kann der Bewohner diese Zahlung von der Wohnform zurück verlangen (Landgericht Berlin, Urteil vom 27.11.2019 – 65 S 112/19; in RdLh 3/2020, 141 f.)
Beachte: Die einseitige Änderung ist aber zulässig, wenn sich der Pflege- und Betreuungsbedarf des Bewohners ändert und die Leistungen daran angepasst werden müssen (§ 8 WBVG)! Eine Anpassung der Leistungen wegen erhöhten Pflege- und Betreuungsbedarfs scheidet allerdings aus, wenn sie schon bei Vertragsschluss ausgeschlossen wurde.
Darf von den Bestimmungen des WBVG abgewichen werden, wenn dies zum Nachteil des Bewohners ist?
Nein, eine solche Vertragsklausel wäre unwirksam (vgl. § 16 WBVG).
Wenn ich einen WBVG-Vertrag habe – kann ich dann trotzdem Pflegeleistungen bekommen?
Das hängt von Ihrer Wohnform und dem Umfang der Versorgung ab:
Wenn Sie in einer besonderen Wohnform leben und einen WBVG-Vertrag haben, gilt Folgendes: Die Pflegeversicherung zahlt dann für Ihre Pflege (ab Pflegegrad 2) monatlich 266 Euro an den Träger der Eingliederungshilfe. Damit unterstützt die Pflegeversicherung, dass in der besonderen Wohnform die Eingliederungshilfe die Pflege umfasst. Mehr Leistungen (als die o. g. 266 Euro) erbringt die Pflegeversicherung in diesem Wohnsetting für die Bewohner leider nicht. Dies wird immer wieder kritisiert, wurde aber bislang nicht geändert.
Wenn Sie ggf. mit Unterstützung z.B. in einer Wohngemeinschaft leben und einen WBVG-Vertrag haben, kommt es auf die konkrete Ausgestaltung der Wohnform an. Erinnert der Umfang der Versorgung an eine stationäre Unterbringung, weil z.B. der Wohnanbieter die Gesamtverantwortung für den Tagesablauf, die Verpflegung usw. trägt, dann können eher keine Leistungen für die häusliche Pflege verlangt werden, siehe oben. Vielmehr umfasst in solchen Fällen die Eingliederungshilfe die Pflege (Pflege als integraler Bestandteil der Eingliederungshilfe, vgl. § 103 Absatz 1 SGB IX).
Bestehen dagegen keine Anhaltspunkte für eine stationäre Versorgungsform, dann können (trotz WBVG-Vertrag) die Leistungen für die häusliche Pflege von der Pflegeversicherung abgerufen werden.
Diese Abgrenzung bestimmt das Gesetz in Verbindung mit einer Richtlinie (§ 71 Abs. 4 / § 43a SGB XI in Verbindung mit der erlassenen Richtlinie vom Dezember 2019).
Beachte: Wer in einer Wohngemeinschaft (WG) lebt, die bis 31.12.2019 als ambulant betreut galt, der kann nach der Richtlinie auch weiterhin die häuslichen Pflegeleistungen abrufen. Auch das steht in der Richtlinie (zu § 71 / § 43a SGB XI).
Beachte: Wer am 1. Januar 2017 in seiner Wohnform Anspruch auf Pflegeleistungen hatte, darf diese Leistungen unter bestimmten Voraussetzungen auch weiterhin beanspruchen. Es kann sein, dass hier ein sog. Bestandsschutz besteht (vgl. § 145 SGB XI). In einem solchen Fall sollte man sich beraten lassen.
Der Betreuer will meinen WBVG-Vertrag kündigen – darf er das oder braucht er dafür die Genehmigung des Betreuungsgerichts?
Bisher verlangen die meisten Gerichte für die Kündigung von WBVG-Verträgen keine Genehmigung durch das Betreuungsgericht. Nur bei der Kündigung von Mietverträgen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch soll der Betreuer eine betreuungsgerichtliche Genehmigung einholen müssen.
Diese Unterscheidung ist nicht überzeugend. Auch Menschen, die in besonderen Wohnformen leben und meistens einen WBVG-Vertrag abgeschlossen haben (s.o.) benötigen umfassenden Schutz in solchen wichtigen Fragen. Meistens werden sich Bewohner und Betreuer bestimmt einig sein; nur für die sicherlich sehr seltenen Fälle, in denen die Kommunikation zwischen den Beteiligten nicht so gut funktioniert oder auch um Missverständnissen vorzubeugen, kann eine Genehmigung des Betreuungsgerichts hilfreich sein.
Darf der Träger der Wohnform den WBVG-Vertrag mit meinem Angehörigen kündigen, weil sie/er manchmal rumschreit, in andere Zimmer geht, aggressiv ist und hin und wieder andere mit dem Rollator anfährt?
Nein, eine Kündigung ist bei solchen letztlich ungefährlichen Verhaltensauffälligkeiten in der Regel unwirksam. Allgemein gilt: Der Träger der Wohnform darf nur aus wichtigem Grund kündigen und außerdem muss es unzumutbar sein, den Vertrag fortzusetzen, also meinen Angehörigen in der Wohnform weiter wohnen zu lassen (§ 12 WBVG).
In der Regel ja. Ausnahmsweise kann auf die Abmahnung verzichtet werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass die störende Person die Einsichtsfähigkeit oder den Willen hat, ihr Verhalten zu ändern. Dann kann auch ohne Abmahnung gekündigt werden.
Darf der Träger der Wohnform den WBVG-Vertrag mit meinem Angehörigen kündigen, weil der Betreuer die Mitarbeiter der Wohnform beleidigt usw.?
Nur in extremen Fällen kann eine Kündigung dann rechtens sein (vgl. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 29.05.2019 – Az: 2 U 121/18; in RdLh 4/2019, S. 204 f.) (Wirksamkeit der Kündigung bejaht).
Welche Frist muss ich beachten, wenn ich selbst kündigen möchte?
Sie können den WBVG-Vertrag bis spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf desselben Monats kündigen (§ 11 Absatz 1 WBVG). Beispiel: Kündigung bis zum 3. Januar, um den Vertrag zum 31. Januar zu beenden.
Aus wichtigem Grund können Sie den Vertrag jederzeit kündigen, ohne eine Kündigungsfrist einzuhalten (§ 11 Absatz 3 WBVG). Wichtige Gründe sind eher selten; es muss sich dabei um sehr schwerwiegende Gründe handeln.