Schutz für Menschen mit Behinderung
Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung können Situationen erleben, in denen sie sich schutzlos ausgeliefert fühlen. Zum Beispiel als Bewohner einer Einrichtung der Behindertenhilfe oder als Beschäftigter einer Werkstatt. Denn das Verhältnis zur Einrichtungsleitung oder den Mitarbeitern ist von Abhängigkeit geprägt. Hier erfahren Sie, wie Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen rechtlich geschützt sind und wo sie Hilfe bekommen.
Wodurch sind Menschen mit Behinderung beim Wohnen geschützt?
Rechtlichen Schutz beim Wohnen bieten das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) des Bundes und die Heimgesetze der Bundesländer.
Das WBVG dient dem Schutz von Verbrauchern. Es gilt zum Beispiel für Verträge, in denen sich der Unternehmer zur Überlassung von Wohnraum und zur Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen verpflichtet. Das kann zwischen einer Einrichtung der Behindertenhilfe und einem Menschen mit Behinderung sein.
Das WBVG schützt die Verbraucher unter anderem durch:
- Informationspflichten des Unternehmers vor dem Vertragsschluss
- ein Schriftformerfordernis
- eine vertragliche Festlegung der Leistungspflichten
- beabsichtigte Entgelterhöhungen sind dem Verbraucher schriftlich mitzuteilen und zu begründen
- sowie durch hohe Hürden bei Kündigungen durch den Unternehmer.
Die Heimgesetze der Bundesländer enthalten ordnungsrechtliche Vorschriften. Geregelt werden zum Beispiel die Heimaufsicht und Anforderungen an die personelle und bauliche Mindestausstattung. Die Heimgesetze und die dazugehörigen Mitwirkungsverordnungen enthalten auch Bestimmungen für durch die Bewohner zu wählende Bewohnerbeiräte (teilweise auch als Wohnbeiräte oder Heimbeiräte bezeichnet). Diese Bewohnerbeiräte sind die Interessenvertretung der Bewohner. Sie sind mit Mitwirkungs-, jedoch in vielen Bundesländern nicht mit Mitbestimmungsrechten ausgestattet.
Dem Bewohnerbeirat kommt eine Schutzfunktion für die Individual- und Kollektivinteressen der Bewohner im Bereich des Wohnens zu. Das sind seine Rechte:
- Er kann Anträge stellen.
- Er ist in verschiedene Entscheidungen der Einrichtungsleitung eingebunden. Zum Beispiel hinsichtlich der Unterkunft, Betreuung und Verpflegung.
- Er nimmt Anregungen und Beschwerden von Bewohnern entgegen und versucht, mit der Einrichtungsleistung dafür eine Lösung zu erarbeiten.
Wodurch sind Menschen mit Behinderung beim Arbeiten in der Werkstatt geschützt?
Schutz beim Arbeiten in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung bieten in erster Linie die von den Werkstattbeschäftigten gewählten Werkstatträte. Die Interessen der in der Werkstatt beschäftigten Frauen vertritt die Frauenbeauftragte. Die rechtlichen Grundlagen hierfür sind in der Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) geregelt.
Der Werkstattrat hat insbesondere folgende Aufgaben:
- Er hat darüber zu wachen, dass die zugunsten der Werkstattbeschäftigten geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften und mit der Werkstatt getroffenen Vereinbarungen durchgeführt werden.
- Er kann Maßnahmen, die dem Betrieb der Werkstatt und den Werkstattbeschäftigten dienen, bei der Werkstatt beantragen.
- Er hat Anregungen und Beschwerden von Werkstattbeschäftigten entgegenzunehmen und, falls sie berechtigt erscheinen, auf eine Erledigung hinzuwirken.
Die Frauenbeauftragte vertritt die Interessen der in der Werkstatt beschäftigten behinderten Frauen gegenüber der Werkstattleitung. Insbesondere in den Bereichen Gleichstellung von Frauen und Männern, Vereinbarkeit von Familie und Beschäftigung sowie Schutz vor körperlicher, sexueller und psychischer Belästigung oder Gewalt.
Wer hilft Menschen mit Behinderung, wenn sie Gewalt erfahren haben?
Wenn Sie oder ein angehöriger Mensch mit Behinderung Opfer von Gewalt oder sexueller Gewalt geworden sind, finden Sie weitergehende Informationen zu Hilfs- und Beratungsangeboten hier: “Schutz vor Gewalt”.
Gibt es einen finanziellen Schutz, wenn man einen Schaden erlitten hat?
Finanziellen Schutz bei erlittenen Schäden bietet das sogenannte zivilrechtliche Haftungsrecht. Im Rahmen der zivilrechtlichen Haftung geht es um die Frage, ob jemand Schadensersatz leisten muss, weil er für den verursachten Schaden verantwortlich ist. Die Voraussetzungen für die Zahlung von Schmerzensgeld oder Schadensersatz sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Hier finden sich zwei verschiedene Haftungsarten: die vertragliche und die deliktische Haftung.
Eine vertragliche Haftung kommt immer dann in Betracht, wenn zwei Vertragsparteien durch einen Vertrag miteinander verbunden sind, zum Beispiel durch einen Wohn- und Betreuungsvertrag oder durch einen Werkstattvertrag. Jeder dieser Verträge beinhaltet für beide Vertragsparteien Rechte und Pflichten. Wird gegen eine solche Vertragspflicht verstoßen und tritt deshalb ein Schaden ein, kann dies eine Haftungsfolge auslösen.
Eine Haftung aus unerlaubter Handlung (Delikt) bedeutet hingegen, dass jemand etwas getan hat, was er nicht tun durfte und dies bei einem anderen Menschen einen Schaden verursacht hat. Die unerlaubte Handlung setzt im Gegensatz zur vertraglichen Haftung kein Vertragsverhältnis voraus. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn ein gesetzlich normierter Haftungstatbestand erfüllt wurde. Das sind beispielsweise die Haftung aus unerlaubter Handlung und die Haftung aufgrund einer Aufsichtspflichtverletzung.
Haftung aus unerlaubter Handlung: Laut Bürgerlichem Gesetzbuch haftet allein der Schädiger für den Schaden, der aufgrund seiner unerlaubten Handlung eingetreten ist. Voraussetzung ist, dass ein von der Rechtsordnung geschützter Wert verletzt wurde. In Betracht kommen, unter anderem, eine Verletzung des Lebens, des Körpers und der Gesundheit, der (körperlichen Bewegungs-) Freiheit sowie des Eigentums.
Haftung des Aufsichtspflichtigen: Ein weiterer in der Behindertenhilfe relevanter Haftungstatbestand ist die Haftung des Aufsichtspflichtigen. Danach haftet für Schäden, wer als Aufsichtspflichtiger seine Aufsichtspflicht verletzt hat und es zu einem Schaden gekommen ist.
Für welche Schäden muss gehaftet werden?
Eine Haftung kommt sowohl bei der vertraglichen als auch bei der deliktischen Haftung für materielle und immaterielle Schäden in Betracht. Ein materieller Schaden ist ein Vermögensschaden. Er wird durch die Leistung von Schadensersatz kompensiert. Zum Beispiel durch den Ersatz der Kosten für die Beschaffung einer Ersatzbrille, wenn diese zerstört wurde. Ein immaterieller Schaden ist kein Vermögensschaden und demnach grundsätzlich nicht in Geld zu messen. Immaterielle Schäden werden durch die Zahlung von Schmerzensgeld kompensiert. Während materielle Schäden immer auszugleichen sind, besteht ein Anspruch auf Schmerzensgeld nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen. Das sind die Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung.
Weitere Informationen zum Thema: Schutz für Menschen mit Behinderung
- Werkstätten-Mitwirkungsverordnung (WMVO) Auf unserer Seite zur Mitbestimmung beim Arbeiten haben wir Informationen zum Thema WMVO sowie zu Werkstatträten und zu Frauenbeauftragten zusammengestellt.
- Schutz vor Gewalt Auf unserer Seite zum Thema Gewaltschutz und Gewaltprävention in Diensten und Einrichtungen haben wir viele Informationen für Sie zusammengestellt.
- Rechtlichen Schutz beim Wohnen bieten das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) des Bundes Gesetze im Internet: Ein Angebot des Bundesamts für Justiz.
- Die Heimgesetze der Bundesländer BIVA Pflegeschutzbund: Die Länder-Heimgesetze.
- Die Voraussetzungen für die Zahlung von Schmerzensgeld oder Schadensersatz sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt Gesetze im Internet: Ein Angebot des Bundesamts für Justiz.