Fokus Familie - Konzeption für ein ganzheitliches Familienhilfesystem
Familien mit Angehörigen, die eine geistige Behinderung haben, brauchen in ihrem Alltag eine besondere Unterstützung. Sie benötigen niederschwellige und intensive, kurzzeitige und längerfristige Angebote, um ihre vorhandenen Ressourcen optimal nutzen zu können.
Projekt
Familien mit Angehörigen, die eine geistige Behinderung haben, brauchen in ihrem Alltag eine besondere Unterstützung. Sie benötigen niederschwellige und intensive, kurzzeitige und längerfristige Angebote, um ihre vorhandenen Ressourcen optimal nutzen zu können. Je passgenauer ein Unterstützungsnetz ist, umso eher sind die Familien in der Lage, ihren Alltag auch über Krisenzeiten hinweg befriedigend zu leben. Für jede Familie soll ein individuelles Unterstützungsnetz geknüpft werden, wenn sie dies benötigt. Alle notwendigen Hilfen werden koordiniert, geplant und geleistet. Sie orientieren sich dabei an den Bedarfen und Bedürfnissen der Familie. Sie wird einbezogen, und in enger Absprache mit allen Beteiligten wird ein trägerübergreifendes Hilfe-Arrangement individuell zusammengestellt. Dabei werden die vorhandenen Ressourcen der Familie gestärkt.
Organisation
Die Lebenshilfe Münster wurde im Jahr 1961 von Eltern als Selbsthilfe-organisation gegründet. In der Anfangszeit hat sie vor allem die gegenseitige Hilfe und Beratung von Eltern untereinander sowie Hilfen und Unterstützungs-angebote von Fachleuten aufgebaut und koordiniert. Schon bald entwickelte sich die Lebenshilfe auch zum Fachdienst der Unterstützung von Menschen mit geistiger Behinderung und zum Einrichtungsträger. Seit vielen Jahren nimmt als weitere Säule des Vereins unter dem Motto „Selbstbestimmt Leben“ die gleichberechtigte Mitwirkung und Mitbestimmung der Menschen mit Behinderung einen immer größeren Stellenwert ein. So ist die Lebenshilfe heute Eltern-vereinigung, Vereinigung von Menschen mit geistiger Behinderung und Träger von Diensten und Einrichtungen.
Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit geistiger Behinderung wachsen in der Regel in ihren Familien auf. Die Lebenssituation dieser Familien ist geprägt von hohen Anforderungen und einer Vielfalt emotionalen Erlebens. Neben vielen Freuden im Alltag und als positiv erlebten Veränderungen des sozialen Bewusstseins aller Familienmitglieder stehen besondere Herausforderungen sowohl in psychischer als auch in physischer Hinsicht. Eltern, deren Kinder eine Behinderung haben, leben in einer besonderen Situation. Dies kann zu dauerhafter individueller und familiärer Überforderung führen.
Mit dem Handlungsansatz sollen Familien mit einem Angehörigen mit geistiger Behinderung erreicht werden. Der Begriff Familie umfasst dabei grundsätzlich alle Formen des Zusammenlebens (von der Zwei-Eltern-Familie über Alleinerziehende, Patchwork-Familien bis hin zu Pflegefamilien). Viele Familiensysteme benötigen besondere Unterstützungsangebote, die ihren Bedarfen entsprechen. Sie brauchen z.B. Gesprächsmöglichkeiten, Beratung, Entlastung in Alltag und in der Wohnsituation sowie Freizeitangebote. Für manche Familien sind darüber hinaus auch erzieherische Unterstützung und heilpädagogische Fördermaßnahmen wichtig.
Zielführend für eine angemessene Unterstützung der Familien ist die enge Vernetzung der einzelnen Dienste innerhalb der Lebenshilfe, die Kooperationen mit anderen Trägern sowie die gute Zusammenarbeit mit den Diensten und Angeboten der Stadt Münster und anderen Leistungsträgern. Durch die Mitarbeit in Gremien wie z.B. der „Regionalkonferenz zur Weiterentwicklung der Lebenswelten von Menschen mit geistiger Behinderung“ und ihren Arbeitsgruppen (AG Familie, AG Inklusion, AG Wohnen, AG Verkehr) und die enge Vernetzung mit Kindergärten, (Förder-) Schulen, Kinderärzten, Kinder-/ Jugendpsychiatern, Familienbildungsstätten oder der Volkshochschule entstehen Knotenpunkte des Unterstützungsnetzes.
Das Konzept „Fokus Familie“ der Lebenshilfe Münster besteht seit dem Jahr 2005. Seitdem wurde es immer wieder überarbeitet und an die Bedarfe der anfragenden Familien angepasst. Die zentrale Anlaufstelle war hierbei von Anfang an die Funktion Hausleitung Wohnnest/Teamleitung HPFH/Kinderschutzbeauftragter. Die Dienste Schulassistenz, Kurzzeitwohnen für Erwachsene und verschiedene Eltern-/Angehörigengruppen haben die Angebotspalette eines möglichen Unterstützungsnetzes in den letzten Jahren noch erweitert.
Die größte anfängliche Herausforforderung war das Stricken von Netzwerken aus unterschiedlichen Trägern. Hier musste zunächst die Bereitschaft wachsen, über den eigenen Tellerrand hinaus zu schauen. Als nächstes musste eine gemeinsame „Sprache“ gefunden werden, d.h. Formulare, Hilfepläne, Konzepte, Dokumentationen, Anträge mussten bereichs- und trägerübergreifend weiterentwickelt sowie angepasst werden. Der Anspruch von „Fokus Familie“ ist es, passgenaue und durchlässige individuelle Unterstützungsnetze zu knüpfen, die als „Wandler zwischen den Systemen“ über die Finanzierungsstrukturen (SGB XIII/SGB XI/SGBXII) im Hintergrund hinaus gehen.
Die Finanzierung der Umsetzung des Konzepts wird über die Refinanzierung der beteiligten Dienste der Lebenshilfe Münster sichergestellt.
Familien mit Angehörigen, die einen besonderen Unterstützungsbedarf haben, brauchen niederschwellige und intensive, kurzzeitige und längerfristige Angebote, um ihre Ressourcen optimal nutzen zu können. Je passgenauer ein Unterstützungsnetz ist, umso eher sind die Familien in der Lage, ihren Alltag auch über Krisenzeiten hinweg befriedigend zu leben. Unterschiedliche Dienste und Angebote müssen flexibel und durchlässig gestaltet werden, um sich jeweils angepasst an die individuelle familiäre Situation sinnvoll zu ergänzen. Der Familie die Unterstützung zu verschaffen, die sie in unterschiedlichen Bereichen benötigt, ist das Ziel. Das Zusammenwirken der verschiedenen Unterstützungsleistungen formiert ein stabiles Unterstützungsnetz. Dabei müssen sich die Angebote an den Bedarfen flexibel orientieren, um stabilisierend für das Familiensystem zu wirken. In diesem Sinne kann „Fokus Familie“ ein Baustein sein, um Familien mit besonderen Anforderungen zeitlich befristet zu unterstützen und ihre Selbsthilfepotentiale anzuregen.