Thesen zur Schulinklusion | Inklusive Bildung in der Schule
Die Lebenshilfe hat in den vergangenen Jahren eine intensive innerverbandliche Auseinandersetzung rund um das Thema inklusive Schule geführt. Angestoßen wurde der Dialog über Schulinklusion vom Bundesvorstand, der hierzu Thesen formuliert und breit zum Meinungsaustausch eingeladen hatte.
Intensive Debatte zum Thema Inklusive Schule
Der Gesprächsbedarf war groß: Engagierte Diskussionen und lebhafte Debatten wurden in verschiedenen Gremien und bei Veranstaltungen, aber auch auf der Facebook-Seite der Lebenshilfe geführt. Darüber hinaus erreichten uns Beiträge per E-Mail oder Post.
Schlechte Erfahrungen mit der Umsetzung von Inklusion kamen dabei ebenso zur Sprache wie gute. Befürchtungen und Ängste fanden ebenso Gehör wie mit der gemeinsamen Bildung verbundene Chancen und Hoffnungen.
Am vorläufigen Ende des Diskussionsprozesses steht als Ergebnis das Positionspapier „Thesen der Bundesvereinigung Lebenshilfe zur Inklusiven Bildung in der Schule“, das der Vorstand verabschiedet hat.
Die 5 Kernthesen zur Inklusiven Bildung in der Schule
Die Entwicklung inklusiver Schulen ist ein wichtiges Ziel bei der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention. Wir fordern, dass alle Schulen allen Kindern und Jugendlichen offen stehen und sie gut fördern können. Auf dem Weg dahin ist es wichtig, vielfältige inklusive Angebote (Schwerpunktschulen, Kooperationsklassen, Partnerklassen etc.) zu entwickeln und die notwendigen strukturellen Veränderungen auf den Weg zu bringen.
Für Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf im Schwerpunkt Geistige Entwicklung oder hohem Förder- und Unterstützungsbedarf müssen Bildungsangebote im Rahmen von gemeinsamem Unterricht gemacht werden. Alle Kinder und Jugendliche sind bei der Entwicklung inklusiver Schulen zu berücksichtigen und die dafür nötigen finanziellen und personellen Ressourcen und individuell notwendigen Rahmenbedingungen sind bereitzustellen.
Allgemeine und Sonderpädagogik müssen die jeweils vorhandenen Kompetenzen aufgreifen, sich gemeinsam weiterentwickeln, um die Entwicklung inklusiver Schulen fachlich zu befördern. Dazu gehört auch, die Lehrerbildung umzustellen. Schulen müssen personell, sächlich und räumlich so ausgestattet werden, dass sie geeignete Rahmenbedingungen für gemeinsamen Unterricht aufweisen. Auch Schulen in Trägerschaft der Lebenshilfe machen Angebote zum gemeinsamen Unterricht – in kooperativer Form oder indem sie sich zu inklusiven Schulen entwickeln.
Die Anforderung zur Entwicklung inklusiver Schulen gilt für alle Schultypen, daher muss die Unterstützung für die Entwicklung zur Inklusiven Schule und zum Angebot gemeinsamen Unterrichts auch allen Schultypen offenstehen. Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. Seite 7 Um soziale Integration sicherzustellen und optimale individuelle Bildungsbiografien zu ermöglichen, bedarf es einer kommunalen und regionalen Schulentwicklungsplanung. Die Lebenshilfe bringt sich und ihre Kompetenzen in die Weiterentwicklung von Schulen und in die regionale Planung ein.
Im Mittelpunkt steht das Wohl des Kindes und damit das Recht auf qualitativ hochwertige Bildung. Um dies für alle Kinder und Jugendlichen mit Behinderung sicherzustellen, müssen Eltern sich an der Eltern-Selbstvertretung beteiligen können und das Recht haben, aus allen zur Verfügung stehenden Schulen zu wählen. Dies kann eine inklusive oder eine Förderschule sein. Um die Interessen ihrer Kinder wirksam vertreten und um eine gute Wahl treffen zu können brauchen Eltern unabhängige Beratung, Begleitung und Unterstützung bei der Durchsetzung der Interessen ihres Kindes.
Finden Sie hier die kompletten Kernthesen zum Herunterladen
Eine Schule für alle – die aktuelle Situation in Deutschland
Deutschland hat die UN-Behindertenrechtskonvention unterschrieben. Damit haben wir uns verpflichtet, Inklusion auch in der Schule zu etablieren. Da Bildung Ländersache ist, kommt die schulische Inklusion in Deutschland sehr unterschiedlich voran. Eine Orientierung bietet der sogenannte Inklusionsanteil. Er zeigt, wie fortschrittlich die jeweiligen Bundesländer beim Thema Inklusion in der Schule sind und wie viele Kinder mit Förderbedarf bereits in Regelschulen unterrichtet werden. Die Inklusionsanteile liefern jedoch keine hundertprozentig sicheren Aussagen – auch weil von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich interpretiert wird, welche Kinder zu der Gruppe mit sonderpädagogischem Förderbedarf gehören. Laut der Bertelsmann-Stiftung liegt der Inklusionsanteil an deutschen Schulen bei 31,4 Prozent (Stand 2013/2014). Blickt man nur auf den Schwerpunkt Geistige Entwicklung, sind es deutlich weniger: Laut Prof. Dr. Theo Klauß aus dem Bundesvorstand der Lebenshilfe wurden 2014 deutschlandweit nur etwa 11 Prozent dieser Schüler an einer allgemeinen Schule unterrichtet (Fachzeitschrift Teilhabe 4/16).
Inklusive Bildung und Digitalisierung
Die Corona-Krise wirkt wie ein Brennglas: Im Schulsystem zeigt sich überdeutlich, was schon vor der Pandemie nicht gut funktioniert hat. Vielerorts fehlte und fehlt es an den Grundlagen für digitales Lernen und Distanzunterricht, wie der technischen Ausstattung der Schulen, Konzepten für die Umsetzung sowie entsprechender Medien- und Methodenkompetenz bei den Lehrkräften.
Und auch im Hinblick auf die Umsetzung schulischer Inklusion mangelt seit Jahren den an grundsätzlichen Ressourcen. Dies wird jetzt in Pandemiezeiten noch sichtbarer. Für viele Kinder mit Behinderung gibt es keine passenden digitalen Angebote für das Distanzlernen, es fehlt an Technik und an Unterstützung. Die Kinder und Eltern werden damit allein gelassen. Die inklusive Bildung bleibt auf der Strecke.
Gemeinsam mit anderen Verbänden schließt sich die Lebenshilfe dem Pakt für Inklusion an und fordert: Inklusive Bildung und Digitalisierung zusammen denken!
Wie Inklusion gelingen kann
Kirk geht auf eine Berliner Grundschule. Er ist dort das erste und bisher einzige Kind mit Down-Syndrom.
Der Anfang war nicht leicht. Aber seine Eltern sind sich sicher: Kirk gehört auf eine Schule für alle.
Wir begleiten Kirk durch seine ersten Schuljahre.