Rente für Menschen mit Behinderung in Werkstätten (WfbM)
Menschen mit Behinderung, die in einer Werkstatt arbeiten, können nach 20 Jahren einen Rentenanspruch haben. In diesem Text erfahren Sie, wie viel Geld sie bekommen. Und ob sie trotzdem weiterarbeiten können.
Rente für Werkstattbeschäftigte
Eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM) ist kein normaler Betrieb. Deshalb gibt es in der Werkstatt auch keinen Mindestlohn. Hier werden Menschen beschäftigt, die nicht oder noch nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten können. (Wie viel Geld die Beschäftigten bekommen, erklären wir hier.) Deshalb kann man bereits eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bekommen, wenn man noch in einer WfbM beschäftigt ist. Das gilt auch bei einem sogenannten anderen Leistungsanbieter.
Wer kann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten?
Es gibt verschiedene Arten von Renten:
- Altersrente: Altersrente kann man erhalten, wenn man ein bestimmtes Alter erreicht hat. Welches Alter man erreicht haben muss, regelt das Gesetz. Hier erklären wir, wie die Rente wegen voller Erwerbsminderung auf eine Altersrente umgestellt wird.
- Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit: Bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze kann man Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung haben. Erwerbsgemindert ist eine Person, wenn sie gar nicht oder nur ein bisschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann. Das kann zum Beispiel wegen einer Behinderung oder eine Krankheit der Fall sein.
- Rente wegen Tod: Rente wegen Tod kann man bekommen, wenn zum Beispiel der Ehepartner, die Mutter oder der Vater gestorben sind.
Menschen mit Behinderung, die bei einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter beschäftigt sind, können einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erwerben. Dieser Personenkreis kann nach einer Wartezeit von 20 Jahren einen Rentenanspruch haben, unabhängig vom Alter.
Ein Beispiel: Ein Mann ist durchgängig seit seinem 19. Lebensjahr in einer WfbM beschäftigt. Er erwirbt mit 39 Jahren den Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Rente wegen voller Erwerbsminderung nach 20 Jahren Wartezeit
- Keine allgemeine Wartezeit: Für die Rente wegen voller Erwerbsminderung gilt in der Regel nicht die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren. Unter der Wartezeit versteht man eine sogenannte Mindestversicherungszeit. Wer vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt hat, für den gilt die allgemeine Wartezeit nicht.
- Besteht bereits von Geburt an oder seit dem Kindesalter eine Erwerbsminderung, kann die für den Rentenanspruch an sich notwendige allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt werden. Die Person kann nicht vor Eintritt der Erwerbsminderung z. B. durch eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt fünf Jahre Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen. Denn die volle Erwerbsminderung besteht bereits, wenn die Person in das Alter kommt, in dem sie z. B. eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausüben könnte.
- Wartezeit von 20 Jahren: Als sogenannte Wartezeit gilt zum Beispiel die Zeit der Beschäftigung in einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter. Gesetzlich ist das in § 43 Absatz 6 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) geregelt. WfbM-Beschäftigte müssen für einen Rentenanspruch wegen voller Erwerbsminderung 20 Jahre lang Beiträge in die Rentenversicherung (Mindestversicherungszeit) einzahlen.
- Ausnahme: Für WfbM-Beschäftigte, die vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung bereits auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt waren, kann etwas anderes gelten.
- Keine Altersgrenze: Der Rentenanspruch wird erreicht, ohne dass WfbM-Beschäftigte dafür eine bestimmte Altersgrenze überschreiten müssen, wie es bei der Altersrente der Fall ist.
Die Rentenbeiträge werden für WfbM-Beschäftigte zu einem sehr großen Teil vom Staat bezahlt. Das ist anders als bei einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Dort müssen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen die Beiträge bezahlen.
Passendes Angebot aus unserem Verlag: Das Buch "Werksättenmitwirkungsverordnung" ist ein Kommentar für die Praxis mit Erläuterungen in einfacher Sprache, der die Werkstättenmitwirkungsverordnung (WMVO) in vollem Umfang erläutert.
Wer bezahlt die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung?
Werkstattbeschäftigte müssen von ihrem meist nur sehr geringen Arbeitsentgelt in aller Regel keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung leisten. Dies übernimmt der Träger der Werkstatt.
Es gilt eine weitere Besonderheit zum allgemeinen Arbeitsmarkt: Berechnungsgrundlage für die Beiträge ist nicht der tatsächliche Verdienst, sondern 80 Prozent vom an alle Arbeitnehmer gezahlten Durchschnittsentgelt im vorletzten Kalenderjahr. Diese sogenannte Bezugsgröße ist in § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) geregelt.
Wie viel Rente wegen Erwerbsminderung gibt es?
Eine Rente wird immer individuell berechnet. In den östlichen Bundesländern ist es wegen der niedrigeren Beitragszahlungen meist etwas weniger. Davon müssen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet werden. Mit jeder späteren Rentenerhöhung erhöht sich auch die jeweilige Erwerbsminderungsrente.
Wer in einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter beschäftigt ist, muss nicht damit rechnen, dass die Rente gekürzt wird. Das Entgelt in der Werkstatt oder bei einem anderen Leistungsanbieter wird grundsätzlich nicht bei der Rente berücksichtigt.
Kann man mit einer Erwerbsminderungsrente weiterarbeiten?
Ja, der Bezug einer Erwerbsminderungsrente steht einer Beschäftigung in einer WfbM oder bei einem anderen Leistungsanbieter nicht entgegen. Denn der Mensch mit Behinderung befindet sich nicht in einem regulären Arbeitsverhältnis, sondern erhält Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Was muss man tun, um eine Altersrente zu erhalten
Wer bereits eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, muss selbst nicht tätig werden, um eine Altersrente zu erhalten. Die Erwerbsminderungsrente wird automatisch auf eine Altersrente umgestellt, wenn die sogenannte Regelaltersgrenze erreicht ist. Im Jahr 2023 ist das mit 65 Jahren und 11 Monaten der Fall. Die Regelaltersgrenze steigt bis zum Jahr 2030 auf 67 Jahre an. Anerkannt schwerbehinderte Menschen können weiterhin vorzeitig eine Altersrente erhalten.
Weitere Informationen zur Rente für Menschen mit Behinderung
- Deutschen Rentenversicherung Informationen zum Thema Erwerbsminderungsrente in Leichter Sprache. Hier können Sie sich zum Beispiel erkundigen, wo es eine Rentenberatungsstelle vor Ort gibt.
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) stellt Informationen zur Rente bereit.
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