Lebenshilfe: Vorgeburtliche Bluttests gehören auf den Prüfstand
Bundesvereinigung begrüßt fraktionsübergreifenden Antrag zu nicht-invasiven Pränataltests (NIPT).
Am 24. April soll im Bundestag ein fraktionsübergreifender Antrag zu den sogenannten Bluttests in erster Lesung beraten werden. Nachdem diese Bluttests im Jahr 2023 bei jeder dritten Schwangerschaft durchgeführt wurden, fordert der Antrag eine Untersuchung der Folgen. „Die Lebenshilfe begrüßt diese Initiative sehr“, so Ulla Schmidt, Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und frühere Bundesgesundheitsministerin. „Ob solche vorgeburtlichen Bluttests auf Trisomien wie das Down-Syndrom weiter als gesetzliche Kassenleistung zulässig sind, muss dringend überprüft werden. Weit mehr als 100.000 Tests im ersten Halbjahr 2023 zeigen: Die Bluttests sind keine begründeten Fälle mehr wie vom Gesetzgeber beabsichtigt, sondern schon jetzt zur Regeluntersuchung in der Schwangerschaftsvorsorge geworden. Davor haben wir als Lebenshilfe immer wieder gewarnt.“
Auch Carina Kühne, Schauspielerin und Aktivistin mit Down-Syndrom (Trisomie 21), schreibt in ihrem Blog: „Seit der NIPT (Bluttest auf Trisomien) Kassenleistung ist, gehört er eigentlich zur Vorsorgeuntersuchung dazu. Immer mehr werdende Eltern entscheiden sich dann gegen ihr ungeborenes Kind und treiben es ab. Dabei sind die Resultate dieser Gentests oft auch falsch positiv. Wird es bald eine Welt ohne Kinder mit einer Trisomie 21 geben? Ist unsere Welt dann besser?“
Carina Kühne soll morgen auf einer für 12.30 Uhr angesetzten Pressekonferenz der interfraktionellen Arbeitsgruppe „Pränataldiagnostik“ sprechen. Der Arbeitsgruppe gehören mehr als 120 Bundestagsabgeordnete an.
Zum Hintergrund:
Ein NIPT musste früher selbst bezahlt werden, seit Juli 2022 übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen in bestimmten Fällen die Kosten. Schwangere Frauen können ihr Blut untersuchen lassen, um herauszufinden, ob ihr Kind Anzeichen für eine Trisomie hat, wenn sie dies in ihrer individuellen Lebenssituation benötigen. So wird zum Beispiel nach dem Down-Syndrom gesucht, auch Trisomie 21 genannt. Diese Bluttests sind aber nicht sicher, teilweise zeigen sie eine Behinderung an, auch wenn das Kind keine Behinderung hat. Je jünger die werdende Mutter ist, desto größer ist die Fehlerrate – so kann jeder dritte Test falsch positiv sein. Das Kind hat also gar kein Down-Syndrom, obwohl der Test zu diesem Ergebnis kommt.
Die Lebenshilfe hat von Anfang vor den Folgen der NIPT gewarnt: Der Druck der Gesellschaft auf Eltern wird durch die Bluttests immer größer. In den meisten Fällen führt die Diagnose einer Trisomie zur Abtreibung des Kindes.
Aus der Antwort (20/10039) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (20/9677) der Unionsfraktion geht hervor: Von Juli 2022 bis Juni 2023 wurde der Test als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen rund 63.000 Mal pro Quartal in Anspruch genommen. Bei rund 160.000 Geburten pro Quartal heißt das: Auf 2,5 Geburten kommt ein Test. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche ist der Antwort zufolge in den zurückliegenden Jahren tendenziell gestiegen. Während im ersten Quartal 2021 insgesamt 24.641 Abbrüche registriert wurden, waren es im ersten Quartal 2022 insgesamt 25.817 Abbrüche und im ersten Quartal vergangenen Jahres 27.576 Abbrüche.
Hier gibt es weitere Informationen zum NIPT.